Sind die Phänomene der Quantenphysik auf mikroskopische Objekte beschränkt oder auch makroskopisch bemerkbar? Diese Frage beschäftigt die Physik seit langem – mit immer neuen Experimenten gelingt es Physikerinnen und Physikern, typisches Quanten-Verhalten auch bei größeren Objekten und über weitere Distanzen nachzuweisen. Einen weiteren Beitrag liefert nun ein Experiment am US National Institute of Standards and Technology in Boulder, Colorado, mittels für die quantenphysikalische Forschung recht ungewöhnlichen Objekten: Mini-Trommeln. Wie ein Team um Shlomi Kotler zuletzt im Fachblatt "Science" bekannt gab, ist es den Forscherinnen und Forschern gelungen, durch das "Spielen" dieser Quanten-Trommeln das Phänomen der quantenmechanischen Verschränkung, das typisch für subatomare Teilchen ist, an größeren Objekten zu demonstrieren.

Das Schwingen dieser winzigen "Trommeln" wurde quantenphysikalisch verschränkt.
Foto: Florent Lecoq and Shlomi Kotler/NIST

Das Konzept der Verschränkung geht ursprünglich auf den österreichischen Physiker Erwin Schrödinger zurück. Zwei oder mehr verschränkte Objekte werden durch einen gemeinsamen quantenphysikalischen Zustand beschrieben. Das hat die Folge, dass eine Zustandsänderung an einem der verschränkten Objekte augenblicklich, auch über weite Distanzen hinweg, zu einer Zustandsänderung des verschränkten Partners führt. Diese instantane Übertragung kritisierte Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung". Wie sich aber zeigen sollte, ist die Verschränkung tatsächlich eine fundamentale Eigenschaft von Quantenobjekten, die nicht mit den Gesetzen der klassischen Physik erklärt werden kann. Zudem bietet die Verschränkung vielfältige Anwendungsmöglichkeiten – von Quantenkryptografie bis Quantencomputern – oder eben die verspieltere Anwendung der nun vorgestellten Quantentrommeln.

Verschränkte Bewegung

Diese Minitrommeln bestehen aus runden Aluminium-Membranen von je 20 Mikrometern Durchmesser, die wie winzige Trommelfelle frei schwingen können. Jede der beiden Membranen enthält bei einer Masse von 70 Pikogramm rund eine Billion Atome, was für quantenphysikalische Maßstäbe äußerst beachtlich ist. Durch Mikrowellenpulse konnten die Membranen bis knapp auf den absoluten Temperaturnullpunkt heruntergekühlt und verschränkt in Schwingung versetzt werden.

Die Aluminium-Membranen sind nur rund 20 Mikrometer klein.
Foto: Teufel/ NIST

Durch die Verschränkung dieses Systems konnten die Forscher die Grenze der makroskopischen Verschränkung um ein weiteres kleines Stück nach oben verschieben. Zudem haben sie diese Verschränkung erstmals direkt mit einer Art "Mikrowellen-Radar" gemessen – mittels zwei weiterer Mikrowellenpulse, die von den Membranen reflektiert und anschließend verstärkt wurden. "Wir können die Verschränkung direkt in den gemessenen Variablen beobachten", schreiben die Forschenden.

Die Möglichkeit, die Verschränkung anhand makroskopischer Objekte direkt zu messen, eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten dieses quantenphysikalischen Phänomens: "Solche verschränkten makroskopischen Systeme könnten für fundamentale Tests der Quantenmechanik eingesetzt werden, als Sensoren Messungen jenseits des Quantenlimits erlauben und als langlebige Knoten in künftigen Quanten-Netzwerken fungieren", sagt das Team um Kotler. (trat, 11.5.2021)