Nur sechs Prozent der Unternehmen haben in Corona-Zeiten zum ersten Mal oder verstärkt im Homeoffice gearbeitet.

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Covid-19 und die damit einhergehenden Lockdowns dürften in Österreichs Betrieben einen Digitalisierungsschub ausgelöst haben – oder etwa doch nicht? Eine aktuelle Studie von Arthur D. Little Austria und Marketmind im Auftrag des Telekommunikationsanbieters Drei kommt zu einer anderen Erkenntnis: Demnach hat die Pandemie die Digitalisierung in Österreichs Betrieben bei weitem nicht so stark beschleunigt wie angenommen.

Nur ein Zehntel der Händler setzt auf Online

Zwar haben Großbetriebe, die Industrie und einzelne Branchen wie Bildung, Kultur, Kommunikationswirtschaft und Tourismus einen Digitalisierungsschub erhalten, jedoch sind diese Branchen nur ein kleiner Teil des Gesamtbilds.

In anderen schwer getroffenen Branchen – etwa Handel, Handwerk oder Logistik – haben hingegen nur wenige Unternehmen durch weitere Digitalisierungsschritte den Betrieb aufrechterhalten. Im Handel etwa hat gerade einmal jedes zehnte Unternehmen verstärkt auf neue Online-Absatzkanäle gesetzt, heißt es seitens der Autoren der Studie.

Nur ein Viertel hat eine Website

Der Handel ist nur ein extremes Beispiel für den allgemeinen Zustand des digitalen Vertriebs in Österreichs: Über alle Branchen hinweg verzichtet jedes dritte Unternehmen auf die digitale Ansprache bestehender und neuer Kunden. Dementsprechend erzielt immer noch der Großteil der Unternehmen unter zehn Prozent des Umsatzes über digitale Kanäle. Immer noch besitzt ein Viertel der Betriebe keine eigene Website, und nur ein Zehntel verfügt über einen Webshop.

Der am schwächsten digitalisierte Sektor ist nach wie vor das Gesundheits- und Sozialwesen – wiewohl dort Themen wie Online-Terminbuchungen, digitale Befunde, E-Medikation und elektronischer Impfpass an Bedeutung gewonnen haben.

Kleine Betriebe fallen weiter zurück

Vergrößert hat sich vor allem die Kluft zwischen großen und kleinen Unternehmen. Von den größten Unternehmen des Landes gaben in der aktuellen Befragung mehr als 90 Prozent an, dass die Pandemie ihre Digitalisierung beschleunigt habe. Im Gesamtdurchschnitt über alle Unternehmenskategorien betrachtet hat jedoch kaum mehr als ein Drittel digital aufgerüstet.

Die Studienautoren messen die Digitalisierung mittels des sogenannten Digitalisierungsindex. Dieser errechnet sich aus fünf Einzelfaktoren – von der IT-Ausstattung und Vernetzung über Online-Präsenz und -vertrieb bis zur Arbeitsweise. Auf einer Skala von eins bis hundert misst der Index den Digitalisierungsgrad des Unternehmens.

Heimische Großbetriebe erreichten dabei zuletzt einen durchschnittlichen Fortschrittsgrad von 54 Zählern, um elf Punkte mehr als noch 2019. Bei Kleinstunternehmen hingegen hat sich der Wert mit 34 Zählern kaum verändert. In Summe ist damit der Digitalisierungsindex für Unternehmen in Österreich 2021 gegenüber der Zeit vor der Pandemie nur marginal von 34 auf 35 Punkte gestiegen.

Videokonferenzen für die Großen

Im Detail bedeutet das: Mehr als die Hälfte der Großunternehmen hat im Zuge der Pandemie Homeoffice oder den Einsatz von Videokonferenztools eingeführt oder verstärkt. Betrachtet man aber alle Unternehmen, also inklusive der kleinen und mittelgroßen Betriebe, so geben gerade einmal acht Prozent an, vermehrt videotelefoniert zu haben. Nur sechs Prozent haben in Corona-Zeiten zum ersten Mal oder verstärkt im Homeoffice gearbeitet.

In Summe wird Homeoffice nun in rund 40 Prozent der Unternehmen genutzt. Fast die Hälfte der Betriebe arbeitet auch nach der Pandemie weiterhin ohne Telefon-, Video- und Webkonferenzen und ohne digitale Signatur. Cloud-Services nutzen überhaupt erst 39 Prozent der Betriebe. (stm, 11.5.2021)