Ein Heiligenschein ist es nicht gerade, den die Wählerinnen und Wähler in den USA ihrem Präsidenten Joe Biden aufsetzen. Seine Umfragewerte sind aber recht ansehnlich.

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Es sind, man muss es so deutlich sagen, eigentlich keine allzu guten Daten, auf die sich US-Präsident Joe Biden berufen kann. 54,1 Prozent der Befragten geben in einem Schnitt der US-Umfragen, den die Seite fivethirtyeight.com ermittelt hat, an, mit der Amtsführung des amerikanischen Staatschefs zufrieden zu sein. 39,7 Prozent sind der gegenteiligen Meinung. Verglichen mit fast all seinen Vorgängern liegt Biden damit zurück. Rund 60 Prozent zeigten sich zum gleichen Moment in dessen Amtszeit mit Bidens demokratischem Vorgänger Barack Obama zufrieden. Ähnliche Werte hatten auch Bill Clinton, George H.W. Bush und Ronald Reagan – etwa gleichauf mit Biden liegt Ex-Präsident George W. Bush.

Zugleich aber sind es keine normalen Zeiten in der amerikanischen Innenpolitik. Die Polarisierung ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr – und da ist ja auch Bidens direkter Amtsvorgänger Donald Trump, der eine immer größere Gruppe zu keinem Kompromiss bereiter Anhänger in der republikanischen Partei versammelt hat. Vor diesem Hintergrund ist Bidens Beliebtheit womöglich an anderen Maßstäben zu messen als jene von Präsidenten aus vergangenen Jahrzehnten. Zieht man einen direkten Vergleich mit Trump, schneidet Biden besser ab. Dessen Amtsführung gaben rund vier Monate nach der Angelobung nur noch rund 40 Prozent gute Noten.

Corona-Beliebtheitswelle

Deutlich bessere Werte erzielt Biden auch in einer Umfrage für die Nachrichtenagentur AP, die die "non-partisan and objective research organization" (NORC) an der Universität Chicago durchgeführt hat. Dieser zufolge sehen sogar rund 63 Prozent der 1.842 Befragten im ganzen Land die Amtsführung Bidens positiv. Unter ihnen sind nicht nur 96 Prozent der Demokraten, sondern auch 62 Prozent der Mittewähler, die keiner Partei zuneigen. Vor allem aber unterstützen der Umfrage nach auch 23 Prozent aller befragten Republikaner das Tun des Präsidenten.

Gute Noten gibt es vor allem für jenes Thema, das Biden zum wichtigsten Punkt seiner frühen Amtsphase gemacht hat: die Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen. 71 Prozent aller Teilnehmenden unterstützen die groben Leitlinien der Biden'schen Seuchenpolitik. Deutliche Zustimmung gibt es auch für Bidens Handeln in Fragen der Gesundheitsversorgung (62 Prozent Zustimmung) und in jenem Bereich, den bisher Trump als wichtiges Verkaufsargument nutzte: bei der Wirtschaft (57 Prozent). Mehr Zustimmung als Ablehnung gibt es auch für die Außenpolitik des neuen Weißen Hauses (54 zu 41). Ein umgekehrtes Bild zeigt sich bei den Fragen der Zuwanderung (43 zu 54) und bei der Waffenpolitik (48 zu 49).

Demokraten hinken Präsident hinterher

Alles gut also für die Demokraten? Ganz so sieht es nicht aus. Das "Generic Ballot", eine etwas unscharfe Methode, bei der Wählerinnen und Wähler trotz Mehrheitswahlrechts nach ihrer allgemeinen Parteipräferenz gefragt werden, zeigte zuletzt laut fivethirtyeight.com nur geringe Führungen für die Demokraten. Dazu ist allerdings zu sagen: Wegen der ungleichen Aufteilung der Wahlkreise in den USA benötigen die Demokraten in den meisten Fällen einen Vorsprung von mehreren Prozentpunkten vor der Republikanern, um eine Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen zu können. Beim Votum im November 2020 etwa lag die Partei rund drei Prozentpunkte vor den Republikanern – konnte sich aber nur mit einem hauchdünnen Vorsprung ihre Mandatsmehrheit bewahren.

Wie es mit den Wahlkreisen bei der nächsten Wahl 2022 aussehen wird, ist noch offen. Die Ergebnisse der letzten, alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählung lassen aber erahnen, dass die nun neu zu ziehenden Wahlkreise den Chancen der Demokraten eher schaden als ihnen helfen werden. Vermutlich ist also auch dann davon auszugehen, dass die Demokraten mehrere Prozentpunkte Vorsprung brauchen werden, um weiter das Repräsentantenhaus kontrollieren zu können. Dass Bidens persönliche Beliebtheit dafür reichen wird, ist nicht sicher. Selbst dann, wenn sie bis dahin überhaupt anhalten sollte. (mesc, 11.5.2021)