Zwei Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, prallen in Deutschland dieser Tage aufeinander: Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Chef des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) und CDU-Direktkandidat in Thüringen auf der einen Seite, Luisa Neubauer, 25-jährige Klimaaktivistin und deutsches Gesicht von Fridays for Future, auf der anderen.

Sieht sich Vorwürfen ausgesetzt: Hans-Georg Maaßen.
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In der TV-Sendung "Anne Will" beschuldigte Neubauer Maaßen am Sonntagabend, antisemitische Botschaften zu verbreiten – und den im Studio anwesenden Parteichef und Kanzlerkandidaten Armin Laschet, nichts gegen Maaßens Kandidatur zu unternehmen.

Konkret warf Neubauer dem CDU-Chef vor: "Sie legitimieren rassistische, antisemitische, identitäre und übrigens auch wissenschaftsleugnerische Inhalte, verkörpert durch Hans-Georg Maaßen." Ins Detail ging Neubauer nicht. Belege für ihre Behauptungen blieb sie bis dato schuldig.

Laschet verteidigt Maaßen

Laschet wies die Vorwürfe der Klimaschützerin daher auch umgehend zurück: "Er ist nicht Antisemit, und er verbreitet auch keine antisemitischen Texte – und wenn er es täte, wäre es ein Grund zum Parteiausschluss."

Am Montag meldete sich schließlich auch der Angesprochene selbst, Hans-Georg Maaßen nämlich, zu Wort: "Das sind halt- und beleglose Anschuldigungen, die ich energisch zurückweise", sagte er in einem Interview mit der Zeitung "Tagesspiegel".

Worauf Neubauer ihre Vorwürfe stützt, ist unklar. In der vergangenen Woche trat der ehemalige oberste Verfassungsschützer in einem rechten Youtube-Kanal auf, wo er mit ebenjener Jugendbewegung scharf ins Gericht ging, für die sich Neubauer starkmacht: die Klimaschützer nämlich. "Wir können die Welt nicht retten. Wir haben schon zweimal versucht, die Welt zu retten, und es ist schiefgegangen", sagte Maaßen dort – und ließ offen, worin die beiden angeblichen Versuche zu verorten sind, auf die er anspielt.

Luisa Neubauer bleibt Belege bisher schuldig.
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Vergleich mit Weltkriegen

Dass es sich dabei um den Ersten und den Zweiten Weltkrieg handelt und Maaßen diese somit als Rettungsversuche definiert, scheint plausibel – Maaßen will davon auf Anfrage des "Tagesspiegel" aber nichts wissen. Es sei ihm um deutschen Größenwahn gegangen, der der Welt nur Unheil gebracht habe. Dass er die deutsche Klimaschutzbewegung indirekt mit dem Kaiserreich und dem NS-System vergleicht, könnte Anlass für Neubauers Kritik gewesen sein. Ein Beleg für den Maaßen vorgeworfenen Antisemitismus findet sich dort aber nicht.

Der Antisemitismus-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Felix Klein, forderte am Dienstag von Neubauer klare Belege für ihren Vorwurf. "Der Antisemitismus-Vorwurf ist ein scharfes Schwert und erfordert klare und eindeutige Belege. Wer diesen Vorwurf anführt, sollte sich seiner Verantwortung für die deutsche Geschichte bewusst sein", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die jüdische Gemeinde Nordrhein-Westfalens reagierte mit ebenso scharfer Kritik auf Neubauers Vorwürfe gegenüber Maaßen. "Es ist äußerst befremdlich, wie der Vorwurf des Antisemitismus hier strategisch eingesetzt wird. Als jüdische Gemeinschaft erwarten wir von der Politik, dass Antisemitismus entschieden und mit allen Mitteln des demokratischen Rechtsstaates bekämpft wird." (flon, 11.5.2021)