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Dieses Plakat in Moskau wirbt für eine Covid-19-Impfung.

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

Wladimir Putin hat seine Impfung gut überstanden. Er habe sich am Tag des Sieges auf Antikörper testen lassen, teilte er dem russischen Fernsehen mit. "Ich wurde am 9. Mai getestet, und das Resultat ist positiv", so Putin. Auch über die Lage im Land zeigt er sich erfreut. "Es liegt alles auf einem Regal", sagt der Präsident und meint damit, dass es in der Statistik keine Ausschläge nach oben gibt.

Der Kreml-Chef hat sich relativ spät impfen lassen. Während seine Tochter angeblich schon vor der Zulassung des ersten russischen Impfstoffs im vergangenen Sommer damit gespritzt wurde und die Massenimpfungen in Russland im Dezember begannen, ließ sich der Präsident selbst am 23. März erstmals impfen. Die zweite Dosis erhielt Putin am 14. April.

Keine Kameras bei Putins Impfung

In beiden Fällen waren – im Gegensatz zur Impfung von US-Präsident Joe Biden – keine Kameras zugelassen. Putin, der sich in der Vergangenheit schon mehrfach – unter anderem beim Pferdereiten in Sibirien oder beim Amphorentauchen im Schwarzen Meer – mit freiem Oberkörper hatte abbilden lassen, begründete dies damit, dass ihm das Posieren für die Kameras nicht gefalle und er auch niemanden nachäffen wolle.

Auch das verwendete Vakzin verriet der Kreml bewusst nicht. Putins Sprecher Dmitri Peskow begründete dies damit, dass alle drei russischen Impfstoffe gut seien und die Regierung keinen benachteiligen wolle. Die Gründe für die Verschwiegenheit sind nachvollziehbar. Sie trug allerdings nicht dazu bei, die Impfskepsis der Russen abzubauen.

Ohnehin ist die Informationspolitik zum Thema Covid auch in Moskau ausbaufähig. Zahlen sind oft widersprüchlich oder irritierend. So sprach Russlands Oberste Amtsärztin Anna Popowa in der vergangenen Woche von 13 Millionen Geimpften in Russland, Putin hingegen nun von 21 Millionen Geimpften. Die Differenz von acht Millionen rief Verwirrung hervor, beruht aber offenbar auf einem Missverständnis, denn der Kreml-Chef meinte wohl die Zahl der verspritzten Impfdosen, also die Summe aus Erst- und Zweitimpfungen. Damit liegt Russland beim Impftempo deutlich hinter der EU.

Verwirrende Statistiken

Bei der Zahl der Covid-Erkrankungen und -toten gibt es sogar drei Statistiken. Dabei unterscheiden sich die in der Öffentlichkeit gehandelten Opferzahlen des Covid-Operationsstabs und die medial weniger beachteten Zahlen der Statistikbehörde Rosstat rigoros. Hat der Covid-Operationsstab bis einschließlich 11. Mai "nur" knapp 114.000 Covid-Tote registriert, fixierte Rosstat schon Ende März fast 250.000 Tote mit Covid-Diagnose.

Und selbst diese Zahlen erzählen noch nicht die ganze Wahrheit, denn im gleichen Zeitraum belief sich die Übersterblichkeit in Russland auf eine halbe Million. Demografen verweisen auf Unstimmigkeiten der Statistik: So zählen beispielsweise die Teilrepubliken Tschetschenien und Tatarstan zu den Regionen mit den offiziell niedrigsten Covid-Opferzahlen, während sie gleichzeitig am schwersten von der Übersterblichkeit betroffen sind.

Das Drücken der Statistik hat bei vielen Russen das Gefühl einer trügerischen Sicherheit geweckt. Auch dies trägt nicht dazu bei, die Impfbereitschaft der Bürger zu erhöhen. Es ist daher fraglich, ob Putins Aufruf an die Russen fruchtet, sich aktiver an der Impfkampagne zu beteiligen. Denn das Signal der Dringlichkeit einer solchen Impfung vermittelt der Kreml bis heute nicht. (André Ballin aus Moskau, 12.5.2021)