Viele Menschen verbinden mit Karfiolgerichten traumatische Jugenderlebnisse.

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Auf die Frage, was sie in all den Lockdowns am meisten vermisst hätten, antworten neun von sieben Befragten angesichts der kommenden Öffnungen: Wirtshaus und Essengehen. Das hat unter anderem damit zu tun, dass den Leuten einfache selbstzubereitete Nudelgerichte oder irgendwelche vegetarischen Rezepte, in denen man aufwendig den Kompost aus dem Garten zubereiten muss, langsam bei den Ohren heraushängen. Ich sage dazu nur "Gerösteter Karfiol nach Ottolenghi". Mehr sage ich dazu nicht.

Wer Karfiol nicht kennt, weil er in einem gewaltfreien Haushalt aufgewachsen ist und dieses Zeug nie essen musste, wenn er nicht wollte, beziehungsweise nicht so lange am Tisch sitzen bleiben musste, bis das sehr gern mit Butterbröseln endgültig scharfgemachte Gemüse hinuntergewürgt war: Karfiol klingt nicht umsonst nach einer Hautkrankheit.

Problematik bezüglich Röstaromen

Dagegen besitzt selbst noch Brokkoli einen klingenden Namen. Den kann man laut führenden Kompostköchen übrigens auch rösten, dafür aber war der dritte Lockdown zu kurz. Ich erwähne an dieser Stelle übrigens ganz bewusst nicht die für viel häuslichen Unmut sorgende Problematik bezüglich Röstaromen, die auch von rotem Fleisch kommen können. Man muss eine Situation nicht immer und überall zum Eskalieren bringen.

Bleibt also nur der Lieferservice. Auch beim Lieferservice hat man sich längst durch die labbrigsten Pommes und lieblosesten Pizzas der Stadt durchgetestet. Was abseits von relativ neuen, von einer breiten Masse angenommenen Freizeitaktivitäten wie Parktrinken für die Älteren oder Fangenspielen mit der Polizei für die Jüngeren allerdings noch entschiedener fehlt als alle Grillteller, Hirtenspieße, Schweinsbraten, Rumpsteaks oder Bauernschmause dieser Welt: an einer Bar stehen und mitten in der Nacht bei einer gepflegten Hopfenkaltschale blöd daherreden.

Lob der Konfrontation

Speziell das wäre jetzt langsam auch wieder einmal wichtig. Die Leute nur über Facebook und nicht persönlich zu pflanzen ist auf Dauer ein wenig gar eintönig. Eine direkte Konfrontation ist durch nichts zu ersetzen! Es müssen ja nicht gleich die Watschen fliegen. Den Reiz der Gefahr aber darf man im Leben nicht unterschätzen. (Christian Schachinger, 12.5.2021)