Als "absolute Rarität" gehandelt: Günter Brus' Rekordbild von 1961.

Foto: Ressler Kunst Auktionen

Der heimische Kunstmarkt ist um eine kleine, nicht ganz unwesentliche Sensation reicher. Montagabend wechselte ein frühes informelles Gemälde von Günter Brus bei Ressler Kunstauktionen für stattliche 750.000 Euro (netto) den Besitzer. Das ist der höchste je weltweit bei einer Versteigerung für ein Werk eines zeitgenössischen österreichischen Künstlers notierte Preis. Inklusive Aufgeld des Auktionshauses und der Folgerechtsgebühr für den Künstler (9375 Euro) beläuft sich der Kaufpreis auf 931.000 Euro.

Die Hartnäckigkeit mit der die teils anwesenden, teils über das Telefon zugeschalteten Bieter den Wert in die Höhe trieben, hatte selbst Otto Hans Ressler verblüfft. Zu den Interessenten gehörten nicht nur Privatsammler, sondern mit der Albertina und dem Bruseum auch zwei museale Institutionen.

Roman Grabner, Leiter des in die Neue Galerie Graz (Joanneum) integrierten Brus-Museums, hatte bereits im Vorfeld mit hohen Ansteigerungen gerechnet, da Gemälde – anders als Arbeiten auf Papier – aus exakt dieser Schaffensphase des Aktionisten eine absolute Rarität seien, wie er im STANDARD-Gespräch betont. Brus, der nach dem Abschluss der Grazer Kunstgewerbeschule an der Akademie für angewandte Kunst studierte und mit der explosiven Energie des Informel die starren Konventionen der Tafelmalerei sprengte, konnte sich laut Grabner Anfang der 1960er-Jahre kaum Material leisten.

Finales Match: Albertina vs. Konzett

Die wenigen Werke auf textilen Bildträgern, die in ersten Galerienausstellungen präsentiert wurden, erwarben hauptsächlich Privatsammler. Der 2013 verstorbene Unternehmer Helmut Zoidl war einer von ihnen. Dessen 1999 gegründete H.M.Z.-Privatstiftung trennt sich, wie im Herbst 2020 bekannt wurde, nun von wesentlichen Teilen der Kunstsammlung.

So gerne das Bruseum das unbetitelte, 222 mal 239 Zentimeter große Werk (1961) in seinem Bestand gewusst hätte – das Budget aus Landesmitteln war auf halber Strecke ausgegangen. Überboten wurde man von Angela Stief, Chefkuratorin der Albertina Modern, die sich mit dem Sammler und Kunsthändler Philipp Konzett ein finales Match lieferte.

Der Ankauf, bestätigt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, wäre von Hans Peter Haselsteiner finanziert worden. Es blieb bei der Theorie, in der Praxis erwarb Konzett das Gemälde gemeinsam mit einem Grazer Privatsammler, der namentlich nicht genannt werden möchte. Als Leihgabe wird das Bild im Herbst in einer Günter Brus und seinem Kompagnon Alfons Schilling gewidmeten Ausstellung im Bruseum gastieren. (Olga Kronsteiner, 11.5.2021)