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Die Abwahl von Liz Cheney ist eine Machtdemonstration von Ex-Präsident Donald Trump.

Foto: Reuters / Erin Scott

Washington – Im Richtungsstreit der Republikaner von Ex-Präsident Donald Trump im US-Repräsentantenhaus gab es am Mittwoch eine wichtige Entscheidung. Am Vormittag (Ortszeit) wurde die Trump-Kritikerin Liz Cheney von ihrem Posten in der Fraktionsführung in einer nichtöffentlichen Wahl abgewählt. Fraktionschef Kevin McCarthy hatte bereits zuvor die Abgeordneten seiner Partei in einem von US-Medien veröffentlichten Schreiben aufgefordert, sich auf eine Abstimmung über die Besetzung des Postens am Mittwoch einzustellen.

McCarthy hatte zuvor seine Unterstützung für Cheneys Konkurrentin Elise Stefanik erklärt, hinter die sich Trump gestellt hat. Cheney war bisher als Vorsitzende der Republikanischen Konferenz im Repräsentantenhaus die drittwichtigste Abgeordnete ihrer Fraktion.

Direkt nach ihrer Abwahl sagte Cheney vor Journalisten, dass sie "alles tun würde, um sicherzustellen, dass Trump nie wieder in die Nähe des Oval Office", also des Präsidentenamts, kommen würde. Ihr Parteikollege Adam Kinziger hat sich nach der Abwahl hinter Cheney gestellt. "Die einzige Sünde, die sie begangenen hat, ist, die Wahrheit zu sagen", gab er an.

"Auf Kriegsfuß mit der Verfassung"

Bereits am Abend vor ihrer Abberufung hatte Cheney in einer kämpferischen Rede ihre Sicht der Dinge klargemacht. Sie werde nicht schweigend zusehen, wie sich ihre Partei "dem Kreuzzug des ehemaligen Präsidenten anschließt, um unsere Demokratie zu untergraben", sagte sie am Dienstagabend in einer kämpferischen Ansprache im Kongress. Dutzende Gerichte hätten Trumps Behauptung entkräftet, dass er durch Betrug um seine Wiederwahl gebracht worden sei. "Diejenigen, die sich weigern, die Urteile unserer Gerichte zu akzeptieren, stehen auf Kriegsfuß mit der Verfassung."

Die Rede von Liz Cheney vom Dienstagabend.

Die Tochter des früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney hatte in den vergangenen Wochen erfolglos einen Bruch mit Trump gefordert. In einem Gastbeitrag für die "Washington Post" am vergangenen Mittwoch appellierte sie an ihre Parteikollegen, sich "von dem gefährlichen und antidemokratischen Trump-Personenkult" abzuwenden. Die prominente Abgeordnete kritisiert immer wieder die anhaltende und durch nichts belegte Behauptung Trumps, er sei durch Betrug um seinen Sieg bei der Wahl im November gebracht worden. Sie wirft ihm auch vor, mit seiner Rhetorik den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner mitverursacht zu haben.

Seit Trumps Niederlage gegen Joe Biden tobt ein Richtungsstreit in der Republikanischen Partei. Cheneys Abwahl wäre eine Machtdemonstration des Ex-Präsidenten, der seit langem fordert, sie aus der Fraktionsführung zu entfernen.

Elise Stefanik, Trump-Loyale

Beerben soll sie die Abgeordnete Elise Stefanik, eine Abgeordnete aus dem Bundesstaat New York. Seit Wochen arbeitet der ehemalige US-Präsident Donald Trump darauf hin, die ihm loyal ergebene Stefanik als Nachfolgerin von Cheney zu positionieren. Sie sei eine "starke und kluge Kommunikatorin", warb Trump. Stefanik hat sich vor allem während des zweiten Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump dessen Anerkennung erworben. Pointiert und mit scharfen Worten hatte sie den damaligen Präsidenten verteidigt. Nach wie vor unterstützt sie dessen unhaltbare These, dass die Wahlen im November 2020 zugunsten des aktuellen Präsidenten Joe Biden manipuliert wurden.

Stefanik stand nicht schon immer derart hinter Trump. Als klar wurde, dass er bei den Wahlen 2016 als Kandidat der Republikaner antritt, war sie vielmehr entsetzt, schließlich zählte sie damals auch noch zum moderaten Flügel der GOP.

Die Absolventin der Harvard-Universität gehörte zu der Zeit schon zu den jungen moderaten Shootingstars der Partei. 2014 war sie in den Zwischenwahlen mit 30 Jahren damals die jüngste Frau, die in den Kongress gewählt wurde. Ihr Abstimmungsverhalten war zu dieser Zeit nicht ideologisch geprägt, vielmehr stimmte sie oft für demokratische Vorschläge, galt als Verfechterin des pragmatischen Wegs. Über die Jahre gesehen hat Liz Cheney sogar die weitaus konservativere Bilanz als Stefanik.

Wähler schwenken nach rechts

Dass die Tochter eines Holzhändlers mit italienischen und tschechischen Wurzeln letztlich so offensiv ins Trump'sche Lager wechselte, liegt vor allem an ihrer Wählerschaft zu Hause im 21. Wahlkreis, östlich des Lake Ontario. Traditionell eine Region von Wechselwählenden, gewannen in den letzten vier Jahren die Trump-Unterstützer die Oberhand.

Dass Liz Cheney nun ihre Führungsposition im Abgeordnetenhaus abgeben muss, ist ein eindrücklicher Beleg dafür, dass sich die Republikanische Partei fast gänzlich zu einer Trump-Partei entwickelt hat und Trumps Einfluss in der GOP nach wie vor massiv ist.

Aber auch eine Gegenbewegung beginnt sich zu manifestieren. Wie die "New York Times" am Mittwoch berichtete, planen mehr als 100 Republikaner, darunter auch hochrangige ehemalige Amtsträger, diese Woche – vermutlich am Donnerstag – einen Brief zu veröffentlichen, in dem sie mit einer Abspaltung drohen, sollte die Republikanische Partei dem Würgegriff Trumps nicht entgegenwirken. "Wenn in der Demokratie Kräfte der Verschwörung, Spaltung und des Despotismus entstehen, ist es die Pflicht der Bürger, gemeinsam für Freiheit und Gerechtigkeit einzustehen", heißt es in der Präambel. (mhe, APA, 12.5.2021)

Trump-Favoritin Elise Stefanik klingt ganz nach Wahlkämpferin.