Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) im neuen Franken-"Tatort".

Foto: ORF/BR/Marc Reimann

München – Paula Ringelhahn schlägt lächelnd die Augen auf und streichelt mit der Hand über das leere Kopfkissen neben sich. Mit der Decke um die Schultern geschlungen, schreitet sie wie eine Braut mit langer Schleppe die Treppe hinab. Ihr Liebhaber hat derweil in der Küche das Frühstück zubereitet und begrüßt die Kommissarin mit einem zärtlichen Kuss. Der neue Franken-"Tatort" des Bayerischen Rundfunks "Wo ist Mike?" zeigt die Ermittlerin so privat wie noch nie. Am Sonntag in ORF 2.

Doch die heimelige Atmosphäre am Anfang steht in einem starken Kontrast zur bedrückenden Stimmung, die Regisseur Andreas Kleinert im übrigen Teil des Films inszeniert. Immer wieder kommt es zu irritierenden Momenten, nach denen man sich fragt: Was ist wahr, was Einbildung? Auch das Liebesglück mit dem Bamberger Lehrer Rolf Glawogger (Sylvester Groth) ist nur von kurzer Dauer. Als ein fünfjähriger Bub verschwindet, gerät Glawogger in Verdacht. Und ausgerechnet Ringelhahn (Dagmar Manzel) und ihr Kollege Felix Voss (Fabian Hinrichs) müssen gegen ihn ermitteln. ORF 2 strahlt den siebenten Fall des Nürnberger Ermittlerteams am Sonntag um 20.15 Uhr aus.

Konflikt zwischen Liebe und Job

Ringelhahn gerät darin in einen schweren Konflikt zwischen ihrer neuen Liebe und ihrem Job. "Man sieht, dass es ihr unglaublich schwerfällt und dass da auch was kaputt geht", sagt Manzel im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Geschichte war für die passionierte Theaterschauspielerin eine willkommene Gelegenheit, ihrer Figur mehr persönliche Tiefe zu verleihen – und gleichzeitig mit Sylvester Groth zusammenzuarbeiten, mit dem sie seit Jahren befreundet ist.

Anfang der 1980er Jahre standen Manzel und Groth zum ersten und bis dato letztem Mal gemeinsam vor der Kamera. Weshalb er auch etwas aufgeregt gewesen sei, sagt Groth: "Man kennt sich zwar über die ganze lange Zeit und ist befreundet. Aber man weiß ja nicht, wie das bei der Arbeit funktioniert." Das habe es dann aber sehr gut, sagen beide.

Und fiel der Filmkuss ihnen deshalb auch leichter? "Garantiert", sagt Manzel. "So ist es ein bisschen inniger", ergänzt Groth. "Andersrum ist es aber auch okay, ist dann halt ein Job."

Die Beziehung von Paula Ringelhahn und dem Lehrer ist in dem neuen "Tatort" der Ausgangspunkt für einen tragischen Kriminalfall: Der kleine Mike ist spurlos weg – und die mit ihrem Trennungsstreit beschäftigten Eltern (Linda Pöppel, Andreas Pietschmann) merken das erst drei Tage später. Beide hatten angenommen, dass der Bub beim jeweils anderen ist. Wütend beschuldigen sie sich gegenseitig.

Rufmord

Und dann ist da noch der 17-jährige Titus (Simon Frühwirth). Dass dieser irgendetwas mit dem Verschwinden von Mike zu tun hat, wird den Zuschauerinnen und Zuschauern schnell klar. Dessen Leben gerät immer stärker aus den Fugen, während seine Mutter versucht, Normalität vorzuspielen. Doch welche Rolle spielt er?

Zuerst wird jedoch der Lehrer Glawogger festgenommen. Ins Visier der Ermittler geriet er vor allem, weil zwei Schüler ihn zuvor wegen sexueller Belästigung angezeigt hatten. An seiner Rolle habe ihn besonders gereizt, dass diese zeige, wie schnell ein Satz ein Leben zerstören könne, sagt Groth. "Das finde ich ein ganz wichtiges Thema in unserer Zeit, wie schnell Rufmord zu Existenzzerstörung führt."

Gerade haben Manzel und Hinrichs den nächsten "Tatort" aus Franken gedreht. Und so viel verrät die TV-Kommissarin schon mal: In diesem Fall wird es dann überhaupt nicht um das Privatleben des Ermittlerteams gehen. "Und das finde ich auch gut", sagt sie. (APA, dpa, 12.5.2021)