2021 wurden bereits zwölf Frauen von (Ex-)Partnern getötet, in weniger als der Hälfte der Fälle hatten die Täter eine Migrationsgeschichte.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Nach der aktuellen Frauenmordserie kündigte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) eine Studie an, die sich mit "unterschiedlichen Motiven kultureller Gewalt" befassen soll. Welche "Kulturen" damit gemeint sind, machte Raab unmissverständlich klar: Frauen mit Migrationshintergrund müssten gestärkt und über die vorhandenen Hilfsangebote aufgeklärt werden, sagt die ehemalige Leiterin der Sektion Integration im Innen- und Außenministerium.

Patriarchale Strukturen begünstigen Gewalt an Frauen, die viel zu oft tödlich endet. Diese Strukturen gibt es auch in österreichischen Migrantencommunitys. Gewalt an Mädchen und Frauen und sogenannte häusliche Gewalt im Allgemeinen ist hier oft akzeptiert, schambehaftet und wird totgeschwiegen. Nicht anders als in jenen österreichischen Familien, die in jüngerer Zeit keine Migrationsgeschichte vorzuweisen haben.

Der Vorstoß der Frauenministerin, die Ursachen für Frauenmorde und Gewalt an Frauen insbesondere in migrantischen Communitys erforschen zu wollen, ist also zu begrüßen. Grundsätzlich ist jede Studie zur Ursachenforschung zu begrüßen, angesichts der steigenden Zahl der Femizide. Doch die strikte Trennung zwischen angeblich "kulturell bedingter" Gewalt in migrantischen Communitys und der Gewalt, die Frauen erleben, die keine Migrationsgeschichte haben, ist bedenklich und gefährlich.

Geht der Fingerzeit immer wieder in die Richtung der vermeintlich "anderen", werden wir als Gesellschaft das strukturelle Problem der Frauenmorde nicht so bald in den Griff bekommen. Patriarchale Strukturen sind nicht ausschließlich in migrantischen oder gar ausschließlich in muslimischen Communitys zu finden. In der aktuellen Femizidserie hatte der Täter in weniger als der Hälfte der Fälle eine familiäre Migrationsgeschichte. Wenn sich Präventionsmaßnahmen ausschließlich an diese Bevölkerungsgruppe richten, dann geht das an der österreichischen Realität vorbei, dann ist die Frauenministerin auf einem Auge blind. (Olivera Stajić, 12.5.2021)