Ein alter Hund beklagt sich über die lästige Bevormundung durch Pflegepersonen oder die eigenen Kinder.

Foto: Marcella Ruiz Cruz

Franz-Xaver Mayr gehört zu den spannendsten Regisseuren der jüngeren Generation – das haben in den letzten Jahren Inszenierungen mit starkem ästhetischem Zugriff gezeigt, sei es am Burgtheater, am Grazer oder am Wiener Schauspielhaus. Oder auch im Theater Drachengasse, wo er nun in Koregie mit Korbinian Schmidt beweist, dass auch in nur 45 Minuten der Funke überspringen kann. Der Anfang, das Ende, eine im Team erstellte Gedankencollage über das Altsein und Sterben, ähnelt einem Experimentalfilm mehr als einem Theater. Eine entschiedene Setzung, die wie ein vorläufiger Endpunkt im gesteigerten Streamingaufkommen wirkt.

Im Film ist keine Bühne mehr erkennbar, findet keine Interaktion statt und sprechen Figuren ausschließlich einzeln frontal in die Kamera. Und doch ist das höchst theatralisch. Höhepunkt dieser außergewöhnlichen Filmtheaterarbeit ist ein circa zehnminütiger Redeschwall eines Mannes mit abstehendem Haarkranz in Orange, der von den kapitalistisch determinierten öffentlichen Bildern des Alters spricht (kurz: solange man als Kaufkraft brauchbar ist, bleibt man auch sichtbar). Sein ruhiger und doch scheinbar atemloser Vortrag endet in einem Plädoyer für kreativere Vorstellungen vom Greisendasein.

Tanzende Skulpturen

Abstehender Haarkranz in Orange? Ja. Und der gestalterischen Ideen noch mehr: ein minutenlang im Kreis fliegender Müllknäuel (?), ein in der Luft tanzender Polsterüberzug (?) oder zwei mit bunten Stoffwürsten drapierte tanzende Skulpturen. Mayer inszeniert in Der Anfang, das Ende auch bildnerische Elemente, die in wandelnder Lichtgebung oder Überblendungen zu leben beginnen. Allen Repräsentationskitsch in Bezug auf das Alter sprengt die Inszenierung weg, indem sie Wesen sprechen lässt, die zauberhaft geschminkte Tierköpfe tragen (Bühne und Kostüme: Korbinian Schmidt, Verena Geier).

Ein Fuchs spricht über den Alkoholtod seines Vaters und dass es ein Heim gebe, in dem sich Alkoholkranke kontrolliert totsaufen könnten. Eine Luchskatze hält fest, dass sie von ihrer Familie ungefragt sämtliche Pflegearbeiten umgehängt bekommen hat. Und ein alter Hund beschwert sich über die Regeln (Waschen, Zähneputzen), mit denen die Kinder und die Pflegepersonen täglich nerven. So findet ein am Theater wenig verhandeltes Thema eine eigene, bemerkenswert ernste und dabei doch leichte Form. (Margarete Affenzeller, 13.5.2021)