Thomas Schmid hat sich rechtzeitig – oder je nach Sichtweise auch frühzeitig – um Kunstwerke für seine spätere Wirkungsstätte in der Öbag gekümmert. Nicht alle Wünsche wurden ihm erfüllt ...

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Dürers "Feldhase", den Schmids Mitarbeiterin gern im Lift der Öbag platziert gesehen hätte, blieb in der Albertina.

Foto: Albertina

Darüber, welche Kunstwerke man aus dem Bestand der Artothek für die Räumlichkeiten auswählte, schweigt sich die Öbag aus. Dem Vernehmen nach befindet sich unter den insgesamt 16 Bildern das hier abgebildete: "Das Paradies ist überall" aus dem Jahr 2005, geschaffen von der oberösterreichischen Künstlerin Elisabeth Wagner.

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Bisweilen sind es beiläufig wirkende Details, die für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte der Staatsholding zumindest "abstrakte Relevanz" haben. Wie aus einer Unterhaltung von Thomas Schmid mit seiner Mitarbeiterin hervorgeht, war etwa die Ausstattung der neuen Öbag-Räumlichkeiten mit Kunstwerken bereits im Oktober 2018 Thema.

Von der Liebe zur Kunst

"Bitte verbinde mich am Dienstag mit dem kaufmännischen Direktor des Belvedere" orderte der damalige Generalsekretär des Finanzministeriums und Kabinettschef am frühen Abend des Nationalfeiertags. So sachlich der Auftrag formuliert war, faktisch war er einer Aufregung geschuldet. Unter dem Titel "Drozda und die Liebe zur Kunst" hatte die "Presse" gut eine Stunde zuvor online öffentlich gemacht, dass sich der SPÖ-Bundesgeschäftsführer bei seinen Antrittsinterviews quasi vor einem Kunstwerk inszeniere, das sich physisch nicht in seinem Büro in der Löwelstraße befinden dürfe: ein Gemälde von Kurt Kocherscheidt, das dem ehemaligen Kanzleramts- und Kulturminister Thomas Drozda vom Belvedere zur Verfügung gestellt worden war.

Eine im Umfeld von Ministerien oder Repräsentationsräumen der obersten Organe übliche Leihgabe aus Bundesbesitz, die jedoch in einer Parteizentrale nichts verloren hat. Darüber wollte Schmid offenbar mit dem Belvedere-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann diskutieren.

Schmid war "so sauer" und sollte auch noch "panieren"

"Ich bin so sauer", "Drozda nimmt sich Bilder mit", "Irre, oder?" bombardierte er seine Mitarbeiterin im Chat-Staccato, "musst aber dann die Stella Rollig auch panieren", warf diese ein. Seine Antwort: "Ja klar", "oder wir nehmen auch alles mit", "die ganze schöne Kunst".

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in den Räumlichkeiten des Finanzministeriums insgesamt 36 Leihgaben aus zwei Bundesmuseen: Alte Meister aus dem Kunsthistorischen Museum sowie Zeitgenössisches und Werke der Moderne aus dem Belvedere.

"Die Öbag ist eh noch so nackt", kommentierte die Assistentin mit einem Smiley. "Eben", bestätigte Thomas Schmid, "ein paar Klimts bitte" fantasierte er, "für die bescheidenen Büroräume" und "einen Dürer-Hasen für den Lift" komplettierte die Mitarbeiterin die launig geschmiedeten Dekorationspläne ihres gemeinsamen künftigen Arbeitsplatzes.

"Zur Sicherheit" passende Verträge

"Wir sollten bei uns prüfen (intern), ob wir für jedes Bild einen passenden Vertrag haben (Artothek und Belvedere)", "nur zur Sicherheit", empfahl die Gewissenhafte ein paar Tage später, als die "Causa Drozda" medial ausgeschlachtet wurde. "Ja", "haben wir aber", beruhigte Schmid. Anders als der damals aktuelle Fall: Tatsächlich hatte das Belvedere dem Ex-Kulturminister zwar im Dezember 2017 den Transport des Kocherscheidt-Gemäldes in die Clubräume des Parlaments genehmigt, nicht jedoch der Verlagerung in die Parteizentrale.

Damit habe sich der SPÖ-Bundesgeschäftsführer über Verträge zum Staatseigentum hinweggesetzt, empörte sich die ÖVP. Thomas Drozda gab sich reuig und ließ das Bild an das Museum retournieren. "Willst Du jetzt noch mit Bergmann telefonieren", "medial geht’s eh schon voll ab", fragte Schmids Mitarbeiterin am gleichen Tag nach: "Nein. Das ist eh schon Selbstläufer" – "passt".

Dürers "Feldhase" landete nicht im Öbag-Lift

Den Kontakt zum Belvedere, das administrativ auch für die Artothek des Bundes zuständig ist, suchte man STANDARD-Recherchen zufolge erst, als das Projekt Öbag in trockenen Tüchern war und Thomas Schmid als Alleinvorstand die neuen Büroräumlichkeiten bezog. Die weltfremden Wünsche im Hinblick auf Werke Gustav Klimts oder Albrecht Dürers Feldhase (Albertina) waren freilich ad acta gelegt worden.

Stattdessen bediente man sich an dem für solche Zwecke vorgesehenen Bestand: mehr als 37.000 Kunstwerke. Laut Öbag hätte die Leiterin der Artothek "nach Besichtigung der Räumlichkeiten" konservatorisch adäquate Vorschläge gemacht, aus denen man schließlich wählte. Welche? Über Vertragsinhalte dürfe man keine Auskunft erteilen. Wer die 16 aus Steuermitteln finanzierten "Vermögenswerte" schuf, scheint unerheblich. Hauptsache, sie erfüllen ihren Zweck als Wandschmuck der Staatsholding. (Olga Kronsteiner, 14.5.2021)