Der Weg aus der Corona-Krise führt über die Impfungen. Eine Erstimpfung bietet nach drei Wochen zwar noch keinen idealen Schutz vor Infektionen, bewahrt aber in den meisten Fällen vor schweren Verläufen.

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Frage: Wann erhalten Geimpfte und Genese den grünen Pass? Und wie lange gilt der dann?

Antwort: Wie schon in Teil 1 dargelegt: In Österreich befreit eine Erstimpfung ab dem 22. Tag danach von Eintrittstests. Die Befreiung gilt auch, wenn eine Corona-Infektion nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Für Erstgeimpfte gilt die Befreiung allerdings nur bis höchstens drei Monate nach dem Stich (außer beim Einmalimpfstoff Johnson & Johnson). In diesem Zeitraum muss die Zweitimpfung erfolgen. Nach der Zweitimpfung gilt der grüne Pass zumindest für sechs weitere Monate.

Frage: Schützt die Erstimpfung wirklich gut genug, um den Testverzicht zu rechtfertigen?

Antwort: Ab etwa zwei Wochen nach der ersten Dosis ist bei allen verfügbaren Impfstoffen mit einer gewissen Schutzwirkung zu rechnen. Eine Studie mit Covid-Testergebnissen von 350.000 britischen Personen zeigte, dass Geimpfte ab 21 Tage nach der ersten Teilimpfung mit Astra Zeneca (Vaxzevria) oder Biontech/Pfizer einen um 65 Prozent erhöhten Infektionsschutz im Vergleich zu Ungeimpften haben. Noch aussagekräftiger sind die Ergebnisse einer schottischen Untersuchung. Hier sank die Häufigkeit von Spitalseinweisungen aufgrund einer Covid-19-Erkrankung 28 bis 34 Tage nach der ersten Teilimpfung mit Biontech/Pfizer oder Astra Zeneca um rund 90 Prozent.

Die volle Schutzwirkung bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer, Moderna und Astra Zeneca tritt erst rund zwei Wochen nach der zweiten Teildosis ein, die bei den mRNA-Impfstoffen einen Schutz von rund 90 Prozent bietet. Zwischen erster und zweiter Teilimpfung wird in Österreich bei Verwendung des Astra-Zeneca-Vakzins zwölf Wochen, bei Verwendung der mRNA-Impfstoffe vier bis sechs Woche abgewartet.

Frage: Also besteht nach der Erstimpfung doch ein gewisses Restrisiko?

Antwort: Ja, sagt der Epidemiologe Gerald Gartlehner. Die Eintrittstest-Befreiung nach der Erstimpfung begründet er pragmatisch. So entstehe "ein starkes Motiv, sich auch das zweite Mal impfen zu lassen". Im Zeitraum zwischen Erst- und Zweitimpfung rät Gartlehner dennoch zu Testungen. Die Virologin Dorothee von Laer sieht das auch so. Auf das Tragen von Masken sowie aufs Abstandhalten solle man in dieser Zeit ebenfalls nicht verzichten, sagt sie.

Frage: Auch nach einer vollständigen Impfung fällt die FFP2-Tragepflicht nicht weg. Warum?

Antwort: Weil die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung Corona-positiv wird, niedrig, aber nicht gleich null ist. Zwar belegen Daten aus Zulassungs- und Beobachtungsstudien, dass die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe symptomatische und asymptomatische Infektionen mit Sars-Cov-2 in einem erheblichen Maße verhindern. In welchem Maß die Impfung darüber hinaus die Übertragung des Virus weiter reduziert, kann aber noch nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Das Risiko einer Infektion trotz Impfung erhöht sich außerdem durch Virusvarianten wie etwa B.1.617, die derzeit in Indien wütet und bereits in rund 50 Ländern nachgewiesen wurde. Besonders unangenehm sind in diesen Varianten bestimmte Fluchtmutationen wie E484K, welche die Immunabwehr umgehen.

Frage: Ist es sinnvoll, nach der Impfung oder nach einer Corona-Infektion den Immunstatus durch einen Antikörpertest feststellen zu lassen?

Antwort: Laut dem Epidemiologen Gartlehner nur bedingt. Die üblichen Antikörpertests würden nur feststellen, ob im Blut Antikörper gefunden wurden oder nicht. Wie hoch die Konzentration dieser Immunkörper sei, werde nicht erhoben. Dazu kommt: Die Tests detektieren alle möglichen Sars-Cov-2-Antikörper, auch solche, die das Virus nicht neutralisieren.

Nur Virus-Neutralisationstests, die im Rahmen aufwendigerer Untersuchungen in eigens dafür ausgestatteten Laboren durchgeführt werden, können die Menge der neutralisierenden Antikörper – die sogenannten Antikörpertiter – bestimmen. Aber auch hier gilt: Das Nationale Impfgremium (NIG) sowie das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) raten derzeit von einer solchen Überprüfung des Impferfolgs ab. Denn: Noch konnte kein Schwellenwert für den Antikörpertiter definiert werden, ab dem ein sicherer Schutz angenommen werden kann.

Frage: Ich habe die erste Teilimpfung mit Vaxzevria (Astra Zeneca) erhalten. Kann ich für die Zweitimpfung mit einem anderen Vakzin geimpft werden?

Antwort: In Österreich empfiehlt das Nationale Impfgremium (NIG), eine Impfserie mit jenem Vakzin zu beenden, mit dem sie begonnen wurde. Wenn für die zweite Impfung ein anderes Vakzin verwendet wird – das nennt sich dann "heterologes Impfschema" –, wird den verantwortlichen Ärztinnen und Ärzten empfohlen, die diesbezügliche Aufklärung inklusive des ausdrücklichen Wunsches der zu impfenden Person explizit zu dokumentieren.

Eine neue Studie im Fachblatt "The Lancet" zeigte, dass heterolog geimpften Personen mit mehr Nebenwirkungen wie Fieber oder Kopfschmerzen rechnen müssen. Daten über die Schutzwirkung gibt es in diesem Fall noch nicht. Fachleute rechnen aber damit, dass der Schutz höher sein dürfte als etwa mit zwei Vaxzevria-Impfungen, also zwei Impfungen mit dem Vakzin von Astra Zeneca.

Frage: Wird es ab Herbst Auffrischungsimpfungen brauchen?

Antwort: Wahrscheinlich ja. Das trifft aber zunächst vor allem jene Personen, die bereits früh geimpft wurden. Das Nationale Impfgremium (NIG) geht davon aus, dass die Schutzdauer nach mRNA- oder Vektor-Impfstoffen nach der zweiten Dosis mindestens sechs Monate anhält, denn laut bisherigen Auswertungen nehmen die Antikörpertiter nach sechs bis acht Monate leicht ab. Dieser Abfall muss aber nicht bedeuten, dass Geimpfte nicht mehr gegen eine Erkrankung geschützt sind. Zudem wird unabhängig vom Vorhandensein von Antikörpern nach einer Impfung auch die zelluläre Immunität durch T- und B-Zellen aufgebaut. Hier gibt es jedoch noch keine Test zum Nachweis dieser Immunität.

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass ältere Menschen und Patienten, die immunsuppressive Medikamente nehmen, früher eine Auffrischung brauchen werden als andere. Der deutsche Virologe Christian Drosten rechnet deshalb damit, dass Risikogruppen vor dem Winter nochmals geimpft werden. Nicht zuletzt könnten auch Virusvarianten eine dritte Impfung im Herbst notwendig machen. So geht auch das Gesundheitsministerium davon aus, dass "infolge der notwendigen Abdeckung von sich ausbreitenden Varianten weitere Impfungen nötig werden".

Frage: Ich habe mich im Frühjahr zweimal mit Astra Zeneca impfen lassen. Kann ich im Herbst eine möglicherweise notwendige dritte Impfung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten?

Antwort: Personen, die zweimal mit dem Vektorimpfstoff von Astra Zeneca immunisiert wurden, könnten nach sechs Monaten erneut mit einem mRNA-Impfstoff geimpft werden. Die Impfstoffexpertin Christina Nicolodi bezeichnet das als "sicherheitstechnisch unbedenklich". Auch bei anderen Impfungen spielt es keine Rolle, wenn nach diesem Zeitraum der Impfstoff gewechselt wird. Ob dann aber wiederum auch eine zweite Teilimpfung zur Grundimmunisierung nötig sei, wisse man noch nicht.

Frage: Wie gut wirken die Impfungen gegen die Virusvarianten aus Brasilien, Südafrika und neuerdings aus Indien?

Antwort: Dazu gibt es bisher nur bedingt epidemiologische Daten. Die besten hat man aus Katar, wo man mit dem Impfen schon sehr weit ist und wo etwa zur Hälfte die "britische" Variante B.1.1.7 und die "südafrikanische" Variante B.1.351 zirkulierte, die als sogenannte "Fluchtmutante" gilt, weil sie die Immunabwehr unterlaufen kann. Die jüngsten Studienergebnisse aus Katar zeigten erfreulicherweise, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer nach der Zweitimpfung einen 75-prozentigen Schutz vor Infektionen mit B.1.351 bot. Schwere Verläufe kamen so gut wie gar nicht vor. Expertinnen und Experten gehen deshalb zwar davon aus, dass diese "Fluchtmutanten" zwar bei Immunisierten etwas häufiger zu Infektionen führen könnten als der "Wildtypus" des Virus. Doch diese Infektionen dürfen im Normalfall mild verlaufen.

Frage: Wie schnell können Impfstoffe an neue Mutationen angepasst werden?

Antwort: Die Entwicklung und Herstellung der mRNA-Impfstoffe dauert nur rund einen Monat. Dementsprechend schnell lassen sich diese gegen neu auftretende Virusvarianten nachrüsten. Da es sich nur um eine Anpassung handelt, ist in diesen Fällen auch kein neues Zulassungsverfahren der EMA nötig: Für die Genehmigung von Updates braucht es eine In-vitro-Studie sowie eine kleine klinische Phase-II-Studie, nicht aber eine Phase-III-Studie.

Frage: Wie schaut es eigentlich mit der Impfung von Kindern aus?

Antwort: In den USA sowie in Kanada ist der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer bereits für Zwölf- bis 15-Jährige zugelassen, er wird dort in dieser Altersgruppe auch schon verimpft. Für jüngere Kinder rechnete Pfizer zuletzt mit Impfstudien-Resultaten im heurigen September.

Die EU-Arzneimittelagentur EMA prüft das Vakzin für die Zwölf- bis 15-Jährigen. Am Freitag kündigte die Stadt Wien an, gleich nach einer Zulassung mit einer Impfaktion in dieser Altersgruppe starten zu wollen. (Irene Brickner, Eja Kapeller, Julia Palmai, Klaus Taschwer, 16.5.2021)