Die israelische Armee griff in der Nacht auf Samstag mehrere Ziele in Gaza Stadt an.

Foto: imago images / ZUMA Wire

Am Samstag selbst wurde dann ein Gebäude zum Ziel, in dem zahlreiche internationale Medien ihre Büros hatten.

Foto: EPA / Mohammed Saber

Auch in Betlehem kam es zu gewalttätigen Demonstrationen von Palästinensern.

Foto: imago images / Xinhua

Gaza/Jerusalem – Israels Luftwaffe hat am Samstag nach Medienberichten ein 14-stöckiges Hochhaus im Gazastreifen zerstört, in dem Medienunternehmen wie Associated Press ihre Büros hatten. Berichten zufolge wurden die Bewohner zuvor aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Es ist das fünfte Hochhaus, das Israels Armee seit Beginn der jüngsten Eskalation am Montag zum Einsturz bringt. Den Angaben zufolge hatte auch der katarische TV-Sender Al-jazeera ein Büro in dem zuletzt zerstörten Gebäude.

Die israelische Armee teilte bei Twitter mit, Kampfjets hätten ein Hochhaus angegriffen, in dem der Militärgeheimdienst der islamistischen Hamas über "militärische Ressourcen" verfügt habe. "In dem Gebäude liegen Büros ziviler Medien, hinter denen die Terrororganisation Hamas sich versteckt und die es als menschliche Schutzschilde missbraucht." Die Hamas positioniere ihre militärischen Mittel absichtlich im Herzen dicht besiedelter Wohngebiete im Gazastreifen.

Ein Sprecher des militärischen Hamas-Arms sagte nach der Zerstörung des Gebäudes, Tel Aviv solle sich auf eine "Antwort vorbereiten, die die Erde erschüttern lässt".

Militante Palästinenser hatten die Küstenmetropole zuvor am Samstag bereits drei Mal mit Raketen angegriffen. Dabei wurde in dem Tel Aviver Vorort ein Mensch getötet, es gab beträchtlichen Sachschaden. Es waren die bisher intensivsten Angriffe auf den Großraum Tel Aviv. Eine Rakete schlug nahe der österreichischen Botschaft im Tel Aviver Vorort Ramat Gan ein, das Botschaftspersonal blieb jedoch unverletzt, wie die Botschafterin Hannah Liko via Twitter mitteilte. "Glücklicherweise sind wie alle in Sicherheit. Das muss sofort aufhören!", schrieb sie weiter.

Im Konflikt zwischen Israel und Palästinensern gibt es kein Anzeichen für ein Ende der Gewalt. Trotz internationaler Bemühungen um eine Feuerpause waren die Kämpfe auch in der Nacht auf Samstag weitergegangen. Nach Angaben palästinensischer Mediziner wurden in der Nacht mindestens zwölf Menschen durch israelische Luftangriffe getötet. Eine Frau und ihre drei Kinder seien ums Leben gekommen, als ihr Haus in einem Flüchtlingslager getroffen worden sei.

Das israelische Militär erklärte, es habe Raketenstellungen im Norden des Gazastreifens sowie ein Gebäude des Geheimdienstes der Hamas angegriffen. In weiten Teilen Südisraels heulten in der Nacht die Sirenen und warnten vor Raketenbeschuss. In Beersheba und Ashdod wurden Gebäude getroffen, Berichte über mögliche Opfer gab es zunächst nicht.

2.000 Raketen aus Gazastreifen

Seit Montag wurden nach Angaben palästinensischer Gesundheitsbehörden im Gazastreifen mindestens 132 Menschen getötet, darunter 32 Kinder und 21 Frauen. Rund 950 Menschen seien verletzt worden. In Israel kamen nach Angaben dortiger Behörden acht Menschen ums Leben, darunter zwei Kinder. Auch ein Soldat sei unter den Toten, er sei an der Grenze zum Gazastreifen auf Patrouille gewesen sei.

Bei einem massiven Angriff auf ein breites Tunnelsystem der Hamas hat Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben rund 500 Tonnen Munition eingesetzt. An dem Angriff auf das sogenannte Metro-System in der Nacht auf Freitag seien 160 Flugzeuge des Typs F-16 und F-35 beteiligt gewesen, sagte ein ranghoher Luftwaffen-Offizier am Samstag. Es sei noch unklar, wie viele Hamas-Kämpfer dabei getötet worden seien. "Potenziell sind es aber Hunderte", sagte er.

Seit Wochenbeginn wurden bereits mehr als 2.000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Die israelische Armee griff in derselben Zeit hunderte Ziele im Gazastreifen an, darunter ein unter Wohngebieten errichtetes Tunnelsystem der Hamas. Premier Benjamin Netanjahu hatte bereits am Donnerstag von beinahe 1.000 angegriffenen Zielen im Gazastreifen gesprochen.

Am Freitag griff der Konflikt auch auf das von Israel besetzte Westjordanland über. Dort starben nach Angaben der palästinensischen Behörden elf Menschen, hieß von den Behörden am Samstag. Am heutigen Tag begehen die Palästinenser den Nakba-Tag. Nakba heißt Katastrophe und bezeichnet die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im Konflikt rund um die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948.

Die USA schickten wegen des eskalierenden Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern ihren Nahost-Gesandten Hady Amr nach Israel. Er werde Gespräche mit israelischen Regierungsvertretern und palästinensischen Verantwortungsträgern führen und für "nachhaltige Ruhe" werben, sagte die Vize-Sprecherin des US-Außenministerium, Jalina Porter.

Ausschreitungen in Lod

Neben dem Konflikt Israels mit militanten Palästinensern im Gazastreifen kommt es auch zwischen jüdischen und arabischen Israelis immer wieder zu Ausschreitungen. Trotz einer Ausgangssperre in der Stadt Lod begannen am Freitagabend wieder Konfrontationen arabischer Israelis mit Sicherheitskräften, wie die Polizei in der Nacht zum Samstag mitteilte.

Die Polizei sei dabei mit zwei Brandflaschen beworfen worden und habe daraufhin den Tatverdächtigen mit Schüssen am Bein verletzt und festgenommen.

Das israelische Fernsehen stufte den ersten Einsatz eines Gewehrs des Typs Ruger seit Beginn der Unruhen im israelischen Kernland als Zeichen einer weiteren Eskalation ein. Das Gewehr gelte sonst als "extremes Mittel zur Auflösung von Ausschreitungen" in den Palästinensergebieten.

Jüdisch-arabisches Theater angezündet

In den vergangenen Tagen kam es auch zu Angriffen jüdischer Israelis auf Araber. In den Medien ist die Rede von Anarchie, es mehren sich die Warnungen vor einem Bürgerkrieg. Im Jaffa, einem arabisch geprägten Viertel von Tel Aviv, warfen mutmaßlich jüdische Täter zwei Brandflaschen in ein arabisches Wohnhaus. Dabei wurde nach Medienberichten ein Zwölfjähriger im Gesicht verletzt.

In Akko im Norden des Landes wurde nach Angaben der Nachrichtenseite ynet ein Theater in Brand gesetzt, das von Juden und Arabern gemeinsam geleitet werde.

Auch in Ostjerusalem und in arabischen Ortschaften im Norden Israels gab es nach Polizeiangaben am Freitagabend Randale. Dabei seien an mehreren Orten Steine und Brandflaschen auf Beamte geworfen und Reifen angezündet worden. (red, Reuters, APA, 15.5.2021)