Der Schulsprecher des GRG6 Rahlgasse, Mati Randow, spricht sich im Gastbeitrag für die unverzügliche Impfung aller Schülerinnen und Schüler aus.

Ein auf Antigenschnelltest basierender Ninja-Stickerpass berechtigt ab Mittwoch zum Zutritt in Sportvereine, Schwimmbad oder Gastronomie.
Foto: APA / Herbert Neubauer

Seit mehr als einem Jahr wird die Jugend in Österreich mit Füßen getreten. Wir leiden nicht nur unter ständigem Leistungsdruck, wegfallenden Sozialkontakten und fehlenden Konzepten für sichere Bildung, sondern stehen auch unter Dauerbeschuss. Als "Partyjugend", die sich partout nicht an die Maßnahmen halten will, als "Gefährder vom Donaukanal", als "verlorene Generation", die am besten einfach ein Schuljahr wiederholen sollte. Über uns wurde viel gesprochen und diskutiert – mit uns fast nie.

Die neuen Vulnerablen

Dabei haben wir viel zu sagen. Nino (16) sieht unsere Generation als "Sündenbock für Ältere". Filip (18) fühlt sich von der Bundesregierung "nicht wie ein Mensch, sondern wie Ware behandelt, die ihren Wert verliert, wenn sie keine schulischen Leistungen erbringt". Rem (22) hat sich in der zweiten Welle angesteckt und fühlt sich als Long-Covid-Patient "von der Politik im Stich gelassen".

Gerade an den Schulen ist die Bilanz des Krisenmanagements: Totalversagen. Einerseits sind die Kinder- und Jugendpsychiatrien überfüllt, viele von uns mental am Limit. Gleichzeitig sind laut Ages in Österreich bereits über 50.000 Kinder und Jugendliche an Covid-19 erkrankt, mehr als 1000 mussten ins Spital. Für junge Menschen ansteckendere und gefährlichere Virusmutanten erschweren die Situation. Während die im vergangenen Jahr am meisten gefährdeten Gruppen inzwischen kurz vor der Durchimpfung stehen, werden Jugendliche wohl als Letzte geimpft werden, Kinder haben vorerst gar keine Impfperspektive. Wir sind die neuen Vulnerablen.

Wenn die Regierung genau jetzt nahezu alles wieder öffnet, muss ich mich als Jugendlicher schon fragen: Was bilden sie sich eigentlich ein? Warum opfern wir seit über einem Jahr fast alles, um andere zu schützen, wenn wir jetzt einfach durchseucht werden sollen? Schon vom Umgang mit der Klimakrise und den Abschiebungen im Jänner wissen wir jungen Menschen, dass für viele Politiker und Politikerinnen Klientelbefriedigung bedeutender als das Wohl unserer Generation ist. Das ist zwar nicht überraschend, aber noch immer gefährlich.

Als Jugend können wir dagegen fast nichts tun. Denn wir haben noch immer keine Stimme, die uns glaubhaft vertritt. Auch die überschulischen Schüler- und Schülerinnenvertretungen versagen hierbei spektakulär, wenn sie Parteipolitik weiterhin über gemeinsame Interessen stellen.

Vertauschte Rollen

In der Pandemie wurden die Rollen von Jugend und Politik vertauscht. Während wir gelernt haben, dass Zusammenhalt stark macht, wurden Sebastian Kurz und seine Bundesregierung immer mehr zu stereotypischen Pubertierenden. Der Kanzler weigert sich, Fehler einzusehen, hört nicht darauf, was ihm von Experten und Expertinnen gesagt wird, und möchte seinen Willen um jeden Preis durchsetzen.

Die Politiker und Politikerinnen, die so oft propagieren, die Jugend müsse nun Priorität haben, können jetzt unter Beweis stellen, dass das nicht nur eine leere Floskel ist. Wer sich ernsthaft für die Interessen der Jugendlichen einsetzt, öffnet nicht einfach nur die Schulen und beschuldigt dann die Jungen, wenn die Zahlen wieder steigen. Er sorgt auch für ausreichend gesundheitlichen sowie psychischen Schutz.

Solidarität mit Jungen

Daher darf es nicht sein, dass Schüler und Schülerinnen, die nun wieder täglich in vollen Klassenzimmern sitzen, erst in den Ferien geimpft werden – die neuen Vulnerablen müssen priorisiert werden. Ohne Solidarität mit uns Jungen werden Schäden entstehen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal annähernd abschätzbar sind. Daher, liebe Erwachsene: Ihr seid geschützt. Also schützt auch uns. (Mati Randow, 17.5.2021)