In der Debatte um die Klimarettung macht sich ein unguter Glaubenssatz breit: Wir können als Individuen nichts bewirken, es ist die Politik am Zug, es können nur die großen Konzerne mit ihrer globalen Macht die Klimaerwärmung verlangsamen. Wir Bürgerinnen und Bürger sind ausgeliefert, zu schwach und ohne jede Wirkungsmacht. Das ist im besten Fall bequem, eigentlich grundfalsch. Und es spielt den ohnedies zu mächtigen Konzernen in die Hände.

Wir können miteinander reden und Ideen entwickeln, wie wir uns organisieren.
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Ja, Konzerne haben die Steuerhebel in der Hand. Allein die Börsenkapitalisierung von Google ist mehr als viermal so hoch wie die gesamte Wirtschaftsleistung Österreichs. Ja, wir benötigen die gewählten Politiker, um ökologische Vorgaben, Anreiz- und Belohnungsmechanismen in alle Systeme zu bringen. Aber tatsächlich sind wir es in all unseren Rollen, die offenbar das Machtbewusstsein verloren haben und uns in viel Bequemlichkeit der Ohnmacht hingeben, während wir auf den Lieferdienst mit Essen, auf die Pakete mit allerlei warten. Die Werbung für alles läuft derweil weiter auf allen Geräten.

Wir alle können die sein, die verlangen, was zu geschehen hat. Wie schnell und konkret Konsumentinnen und Konsumenten Konzerne vor sich hertreiben können, hat zuletzt #BlackLivesMatter eindrucksvoll gezeigt.

Unserer Macht bewusst werden

Es ist nicht wahr, dass unsere Beiträge zu einer Transformation, die Menschen, das Klima, Artenvielfalt, Regionalität und letztlich Würde schützt oder wiederherstellt, nur Verzicht und ein Wandeln in Sack und Asche bedeuten. Es stimmt auch nicht, dass Nachhaltigkeit etwas für Reiche ist und teuer, nur für die lebbar, die sich überlegen können, bei welchem Delikatessenhändler sie ordern. Wir können uns jedes Stück Plastik, das wir verwenden, überlegen. Jedes Stück Essen auf dem Weg in den Müll zweimal prüfen. Bei jedem Zwei-Euro-T-Shirt kurz nachdenken, ob wir es wollen. Von unseren Firmen Jahrestickets für Öffis fordern statt Dienstautos.

Wir können miteinander reden und Ideen entwickeln, wie wir uns organisieren: im Mietshaus zur Hofbegrünung oder im Unternehmen zur Ressourcenschonung. Wir können einander helfen, Müll zu trennen und Autowege einzusparen. Manche haben mehr Möglichkeiten, andere weniger. Wer mehr hat, ist auch mehr gefordert. Was wir aber alle können, ist, einander zu ermutigen, uns unserer Macht bewusst zu werden. Wir haben gemeinsam viel zu gewinnen. (Karin Bauer, 17.5.2021)