Stellen Sie sich das folgende Szenario vor:

Ein Witwer lebt mit seinen drei erwachsenen Söhnen auf einer Ranch. Betreut und verpflegt werden sie von ihrem chinesischen Koch namens Hop Sing. Gemeinsam lösen sie die Probleme des Alltags und geraten, da die Geschichte im wilden Westen spielt, in allerlei Auseinandersetzungen, die sie aber mit einer Mischung aus Weisheit, Erfahrung sowie Ausdauer und Mut meistern. Ihr größtes Kapital ist nicht der riesige Besitz und die vielen Rinder, die sie ihr Eigen nennen, sondern vielmehr der Zusammenhalt und das Sozialkapital, welches sie repräsentieren.

Viele aus der etwas älteren Generation haben vielleicht erahnt, dass es sich bei der kurzen Beschreibung um das Setting der Serie “Bonanza“ aus den 60er- und 70er-Jahren handelt. Vielleicht etwas antiquiert, aber als simples Sinnbild für Problemlösungen durchaus verwendbar. Die gleiche Story könnte natürlich ebenso mit etwas Kreativität mit vier Frauen stattfinden. Aber das beschriebene martialische Bild passt als etwas provokativ-polarisierende Einleitung vielleicht etwas besser.

Zurück zu unserer Geschichte und der damit assoziierten Metapher. Die vier Männer spiegeln unterschiedliche Charaktere mit verschiedenen Fähigkeiten wider, die sich bei der Lösung von Schwierigkeiten und bei Höhen und Tiefen im Leben gegenseitig ergänzen. Kooperation statt Konflikt ist das Zauberwort. Dieses vielleicht etwas überzeichnet-romantische Modell ist durchaus auf viele Ebenen unserer heutigen Gesellschaft von der Politik bis hin zur Wirtschaft übertragbar. Es geht um gute alte Tugenden und nicht um eine künstliche Identitätspolitik, auch wenn ein Koch mit dem Namen Hop Sing so heute nicht mehr durchgehen würde. Was aber weiterhin zählt sind die in der Serie dargestellten Soft-Skills sowie die Kernfähigkeit der Zukunft - die Problemlösungskompetenz.

Das Leben ist ein Ponyhof der Eitelkeiten

Betrachtet man heutige Spitzenmanager oder Spitzenpolitiker kommt einem immer öfter vor, dass viele nicht langfristig im Sinne der Nachhaltigkeit auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene planen, sondern vielmehr auf kurzfristige Erfolge aus sind, die diese sich selbst zur Befriedigung des eigenen Narzissmus umhängen können. “Nach mir die Sintflut“ dürfte deren Lebensmotto sein. Der alte Typus Manager oder Politiker scheint zusehends von der Bildfläche zu verschwinden. Daher ist es umso wichtiger die Erfahrung und die Meinung derjenigen in heutige Entscheidungsprozesse einzubinden, die bereits die ups and downs des Lebens durchgemacht haben. Der ehemalige Finanzminister und nunmehrige Unternehmer Hannes Androsch ist, wenn man so will, ad personam eine derartige Fallstudie aus der man Erkenntnisse für die Zukunft ziehen kann.

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Dubito ergo sum

"Ich zweifle, also bin ich", so definiert Androsch bewusst seine Lebensphilosophie in Anlehnung an den Grundsatz des Philosophen und Vertreters des Rationalismus René Descartes. Meistens gewusst zu haben, was er will, dies aber selbstkritisch zu hinterfragen beziehungsweise in Zweifel zu ziehen und dadurch zu evaluieren, macht sein spezielles Persönlichkeitsprofil und mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Erfolg auf politischer als auf wirtschaftlicher Ebene aus. Nicht verzweifeln, sondern etwas infrage stellen, das ist sein Kernparadigma, welches für aktuelle Problemlagen eine durchaus sinnvolle Strategie wäre. Das Erkennen von oft im Hintergrund liegenden Dynamiken und Prozessen ist der Erfolgsfaktor.

Autoritäre Tendenzen und simple Strategien

Gerade in Zeiten der Globalisierung ist das Erkennen von Zusammenhängen und der Ursache von Konflikten eine besonders zentrale Fähigkeit. Das Thema von autoritären und diktatorischen Tendenzen ist laut dem ehemaligen Finanzminister gerade heutzutage immanent, da oft beim Herangehen an komplexe Probleme gerne auf simple populistisch-demagogische Maßnahmen zurückgegriffen wird, weil diese eine einfache Bewältigung zu versprechen scheinen. Das eigene Tun in Zweifel zu ziehen und zu hinterfragen ist ein zentraler Faktor von differenzierten Persönlichkeiten. Würde diese Eigenschaft in der Politik stärker ausgeprägt sein, dann könnte es zu einem neuen Prozess der politischen wie wirtschaftlichen Qualitätssicherung führen. (Daniel Witzeling, 25.5.2021)

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