Israels Panzer an der Gaza-Grenze.

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In einer Videobotschaft fordert US-Präsident Joe Biden ein Leben in Sicherheit und Geborgenheit für Palästinenser und Israelis gleichermaßen.

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Beirut/Jerusalem – Aus dem Libanon sind nach Angaben des israelischen Militärs sechs Raketen in Richtung Israel abgefeuert worden. Sie seien aber allesamt auf libanesischen Boden gefallen, teilte die Armee am späten Montagabend mit. Als Reaktion habe das Militär mit Artillerie auf die Angreifer gefeuert. Die Armee machte keine Angaben dazu, welche Gruppierung für den Raketenbeschuss verantwortlich war.

Israelischen Medien zufolge wurden Einwohner der Grenzstadt Misgav angewiesen, in ihren Häusern zu bleiben. Anwohner berichteten demnach auch von Explosionen.

Bei einer Protestkundgebung hatten sich zuvor hunderte Anhänger der Hisbollah und andere Demonstranten in der libanesischen Hauptstadt Beirut mit den Palästinensern solidarisiert. Am Freitag wurde mindestens ein libanesischer Demonstrant, der auf israelisches Territorium gelangt war, durch israelisches Panzerfeuer getötet. Zudem waren bereits am Donnerstag vergangener Woche drei Raketen aus dem Libanon nach Israel gefeuert worden.

Die schiitische Hisbollah-Organisation ist eng mit Israels Erzfeind Iran verbündet. Sie kontrolliert mit ihrer Miliz unter anderem den Süden des Libanon und damit die Grenze zu Israel, wo es immer wieder zu Spannungen kommt.

Militärkommandeur des Islamischen Jihad getötet

Indes halten die Kämpfe zwischen militanten Palästinensern und dem israelischen Militär trotz internationaler Forderungen nach einer Waffenruhe mit unverminderter Härte an. Die israelische Luftwaffe flog am Montag erneut Dutzende Angriffe auf den Gazastreifen, von wo aus die islamistischen Hamas wieder zahlreiche Raketen auf israelische Städte abfeuerte. Israelische Kampfjets hätten ein Tunnelsystem der Hamas bombardiert, hieß es.

Bei den Angriffen sei auch ein ranghoher Militärkommandeur der Palästinenserorganisation Islamischer Jihad im Gazastreifen getötet worden, so das Militär. Der Angriff galt den Angaben zufolge Hussam Abu Harbeed, Leiter des nördlichen Kommandos der militanten Organisation. Er sei für mehrere Anschläge auf israelische Zivilisten und Soldaten sowie für Raketenangriffe auf Israel verantwortlich.

Nach Medienberichten wurden bei einem anderen gezielten Luftangriff Israels auf ein Auto im Gazastreifen drei Palästinenser getötet. Ein Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht. Militante Palästinenser beschossen nach den beiden Zwischenfällen an den Gazastreifen grenzende Gebiete sowie die Städte Beersheba, Ashkelon und Ashdod. Acht Israelis seien dabei leicht verletzt worden, hieß es. Ein Einwohner von Ashdod berichtete von einer heftigen Explosion in der Stadt.

Israel setzt Angriffe auf Hamas-Tunnelsystem fort

Das israelische Militär schätzt, dass bei seinen Angriffen im Gazastreifen bisher Tunnelanlagen in einer Länge von rund 100 Kilometern der dort herrschenden Hamas zerstört wurden. Das Militär hatte in der Nacht erneut das Tunnelsystem angegriffen, so Armeesprecher Jonathan Conricus. 54 Kampfflugzeuge hätten rund 35 Ziele im Laufe der Nacht beschossen, wurde mitgeteilt.

Seit Ausbruch der Kämpfe vor einer Woche sind im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben 198 Menschen getötet worden, darunter 58 Kinder. In Israel sprachen die Behörden von zehn Toten, darunter zwei Kinder. Seitdem hätten militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee rund 3.150 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgefeuert. Davon wurden circa 90 Prozent abgefangen, so die israelische Armee.

Vermittlungsversuche

Internationale Bemühungen um eine Deeskalation des jüngsten Konflikts waren bisher nicht erfolgreich. So telefonierten etwa die Sondergesandten des Nahost-Quartetts aus den USA, Russland, den Vereinten Nationen und der EU miteinander. Uno-Generalsekretär Antonio Guterres forderte, die Bemühungen zur Vermittlung einer sofortigen Waffenruhe zu intensivieren. Die Vereinten Nationen seien dazu mit allen Beteiligten in Kontakt.

Auch die USA bekräftigten ihre Forderung nach einem Ende der Kämpfe. Man setze die intensiven diplomatischen Bemühungen fort, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Montag während eines Besuchs seines dänischen Kollegen in Kopenhagen. Blinken rief die Hamas und andere Gruppen im Gazastreifen dazu auf, die Raketenangriffe auf Israel zu stoppen. "Palästinenser und Israelis haben wie Menschen überall das Recht, in Sicherheit zu leben", sagte Blinken. "Das ist kein israelisches Privileg oder palästinensisches Privileg – das ist ein Menschenrecht." Ihn alarmiere auch, dass Journalisten und Mitarbeiter des Gesundheitswesens einem Risiko ausgesetzt worden seien.

US-Präsident Joe Biden hat sich am Montag für eine Waffenruhe ausgesprochen. Biden habe in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Montag seine Unterstützung für eine Waffenruhe zum Ausdruck gebracht, teilte das Weiße Haus mit. Der US-Präsident habe mit Netanyahu auch über dahingehende Bemühungen der Vereinigten Staaten gemeinsam mit Ägypten und anderen Partnern diskutiert. Zuvor hatte die US-Regierung eine gemeinsame Erklärung des UN-Sicherheitsrats zu der Gewalt blockiert, und damit begründet, dass dies der Diplomatie hinter den Kulissen schaden könnte.

"Stille intensiver Diplomatie"

Das Weiße Haus verteidigte am Montag seine Strategie. Sprecherin Jen Psaki sagte in Washington, die Regierung sei der Ansicht, mit "stiller intensiver Diplomatie" aktuell am meisten erreichen zu können. In der vergangenen Woche hätten Regierungsmitarbeiter, von Präsident Biden bis zu unteren Ebenen, mehr als 60 Gespräche mit Vertretern Israels, der Palästinenser und vielen Partnern in der Region geführt. Es liefen viele Gespräche "hinter den Kulissen". Nicht zu jedem Aspekt dieser diplomatischen Bemühungen gebe es öffentliche Mitteilungen. Netanjahu sagte am Sonntag hingegen zu einem möglichen Ende der Gewalt: "Unsere Kampagne gegen die Terrororganisationen wird mit voller Wucht fortgesetzt."

Keine Chance auf einen baldigen Kompromiss in dem Konflikt sah der Rektor des Österreichischer Pilgerhospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar, laut Kathpress: Beide Seiten, Israelis wie auch Palästinenser, stellten Gebietsansprüche und wollten "ganz Jerusalem" für sich, so der aus dem Burgenland stammende Priester. Dabei sei der Konflikt weit komplexer als etwa in Sozialen Netzwerken dargestellt, so Bugnyar.

Streit um Sheikh Jarrah

Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich während des Ramadan und nach der Absage der palästinensischen Parlamentswahl fortlaufend zugespitzt. Als Auslöser gelten Polizeiabsperrungen in der Jerusalemer Altstadt, die viele junge Palästinenser als Demütigung empfanden. Hinzu kamen drohende Zwangsräumungen für palästinensische Familien im Jerusalemer Viertel Sheikh Jarrah und heftige Zusammenstöße auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem.

Rund 42.000 Palästinenser im Gazastreifen mussten wegen der Luftangriffe Israels auf das Küstengebiet ihre Häuser verlassen. Sie suchten Schutz in 50 Schulen des UN-Palästinenserhilfswerks (Unrwa) im Gazastreifen, wie ein Sprecher der Organisation am Montag mitteilte. Mehr als 2.500 Menschen sind nach der Zerstörung ihrer Häuser obdachlos geworden.

Beratungen auf EU- und Uno-Ebene

Die Außenminister der EU-Staaten wollen am Dienstag (14.00 Uhr) in einer Videokonferenz über die Eskalation des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern beraten. Kern der Gespräche soll die Frage sein, wie die EU zu einer Deeskalation und zu einem Ende der Gewalt beitragen könnte. Zudem wird erwartet, dass es ein Bericht über die aktuelle Lage und die bisherigen Vermittlungsbemühungen gibt.

Angesichts der Eskalation in Nahost hält der UN-Sicherheitsrat am Dienstag erneut eine Dringlichkeitssitzung zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ab. Die Sitzung werde hinter verschlossenen Türen abgehalten, teilte die diplomatische UN-Vertretung Norwegens am Montag auf Twitter mit. Zuvor hatten die USA eine gemeinsame Stellungnahme des Gremiums abermals blockiert.

Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte am Montag die Solidarität der österreichischen Bundesregierung mit Israel im Konflikt mit der palästinensischen Hamas mit deftigen Worten. "Ich verfluche den österreichischen Staat. Er will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat", wurde er von internationalen Agenturen zitiert.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) hatten am Freitag die Angriffe aus Gaza auf Israel verurteilt und als Zeichen der Solidarität mit Israel die israelische Fahne auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium in Wien hissen lassen. Schallenberg begründete das mit einer "konsequenten Haltung Österreichs gegenüber dem Terror". (APA, red, 17.5.2021)