Rund 3,7 Millionen Kroaten konnten am Sonntag ihre politischen Vertreter auf lokaler Ebene wählen.

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Zagreb – In Kroatien werden die Resultate der Lokalwahlen vom Sonntag als eine Botschaft der Wähler gedeutet, dass sie Veränderung wollen. Das zeigt sich laut Analytikern insbesondere in den Resultaten der beiden Großstädte Zagreb und Split, wo die etablierten Großparteien erfolglos blieben. Kroatische Bürger hätten nach 30 Jahren erkannt, dass sie eine Wahl haben, kommentierte das Nachrichtenportal Index am Montag.

Ära endet in Zagreb

In Zagreb, wo nach dem plötzlichen Tod des langjähriges Bürgermeisters Milan Bandić nach 21 Jahren eine Ära endet, hat der favorisierte Tomislav Tomašević vom links-grünen Bündnis Možemo ("Wir können") die erste Wahlrunde klar mit 45,15 Prozent gewonnen. In der Stichwahl am 30. Mai wird Tomašević der rechtspopulistische Folksänger Miroslav Škoro von der rechtsnationalistischen Heimatbewegung (Domovinski pokret) gegenüberstehen, der sich in einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen für den zweiten Platz gegen die amtierende Bürgermeisterin Jelena Pavičić Vukičević durchgesetzt hat.

Die links-grüne Plattform, die für eine andere Stadtpolitik, frei von Korruption und Klientelismus steht, hat in der Zagreber Stadtversammlung eine deutliche Mehrheit erreicht. Sie verpasste die Absolute um nur ein Mandat. Als wahrscheinlich kündigt sich in Zagreb die Koalition mit den Sozialdemokraten (SDP) an. Die SDP hat ihre Wähler bereits am Wahlabend aufgerufen, Tomašević zu unterstützen.

Škoro erreichte mit seinem Einzug in die zweite Runde unterdessen einen wichtigen Sieg im rechten Lager, wo sich seine junge Partei als Konkurrenz gegenüber der regierenden nationalkonservativen HDZ etablieren möchte. Der Rechtspopulist kündigte einen erbitterten Kampf gegen Tomašević und dem links-grünen Bündnis an, den er als "extreme Linke" bezeichnete. Analysen deuten laut Medien jedoch darauf hin, dass Škoro in zwei Wochen Tomašević nicht schlagen können wird.

Große Überraschung in Split

Die HDZ hat am Wahlabend traditionell den Sieg bei den Lokalwahlen erklärt und sich als die stärkste Option im Land gefeiert. Tatsächlich hat die Regierungspartei landesweit die Mehrheit der Gespanschaften, Städten und Gemeinden gewonnen. Dennoch weisen politische Beobachter auch auf bestimmte Trends hin, die für die HDZ besorgniserregend sein müssten. Auf der lokalen Ebene scheint es so nicht mehr selbstverständlich zu sein, dass die HDZ-Karte auch den Sieg bringt.

In der Adriametropole Split konnte der Liberale Ivica Puljak (Partei Centar) unerwartet die Führung vor Vice Mihanović (HDZ), den die Umfragen favorisierten, erringen, was als große Überraschung gilt. Die Stichwahl in zwei Wochen wird einen spannenden Kampf zwischen dem angesehenen Physikprofessor aus einer Kleinpartei, der eine andere Politik ankündigt, und dem schwächeren Kandidaten der Kontinuität erwartet, der jedoch eine starke Parteiinfrastruktur hinter sich hat. Die HDZ dürfte laut Beobachtern einen harten Wahlkampf führen, um die Macht in der zweitgrößten Stadt zu halten.

In der ostkroatischen Stadt Vukovar, die für die HDZ einen symbolischen Wert hat, hat der bisherige Bürgermeister Ivan Penava die erste Runde gewonnen. Penava hatte sich mit der HDZ überworfen und ist heuer als Unabhängiger angetreten. In die Stichwahl geht er mit einem deutlichen Vorsprung auf den HDZ-Kandidaten. Mit einem Erfolg kann die Regierungspartei hingegen in Osijek rechnen, wo sie erstmals an die Macht kommen könnte.

SDP-Lektion

Während die HDZ laut Beobachtern generell zufrieden sein kann, gilt das nicht für die zweite Großpartei, die oppositionelle SDP. Die Resultate der Lokalwahlen werden von Analytikern übereinstimmend als eine schmerzhafte Lektion für die Partei gedeutet. In ihrer Hochburg Rijeka liegt ihr Kandidat Marko Filipović vor der Stichwahl zwar in Führung, schlechte Resultate in anderen Großstädten müssten jedoch für die Partei alarmierend sein, betonen die Analytiker.

Erdbeben als Wahlkriterium

In der Gespanschaft Sisak-Moslavina scheint das verheerende Erdbeben vom Dezember 2020 auch die politische Bühne erschüttert zu haben. In der Region wurde am Sonntag mancherorts in Zelten gewählt. Der von Affären geschüttelte Präfekt der Region Sisak-Moslavina, Ivo Žinić, von dem sich die HDZ getrennt hat, wurde klar abgewählt. Er landete mit unter acht Prozent der Stimmen auf dem vierten Platz.

Ähnlich erging es auch dem Bürgermeister von Glina, Stjepan Kostanjević (HDZ), der es ebenfalls nicht in die Stichwahl schaffte. Kostanjević war wegen Passivität in den Tagen nach dem Erdbeben harsch kritisiert worden. Der bisherige Bürgermeister der stark beschädigten Stadt Petrinja, Darinko Dumbović, der wegen Problemen bei der Verteilung von humanitärer Hilfe und dubiösen Baugeschäften ebenfalls in Kritik geriet, wird bei der Stichwahl gegen die HDZ-Kandidatin Magdalena Komes, die in der ersten Runde siegte, um eine weitere Amtszeit kämpfen. (APA, 17.5.2021)