Die richtige Antwort auf die Frage nach der Gehaltsvorstellung zu finden, ist gar nicht so leicht. Laut einer aktuellen Umfrage rechnen viele Junge mit negativen Auswirkungen der Pandemie auf ihr Gehalt und fühlen sich dadurch verunsichert. Umso wichtiger ist es, gut vorbereitet in den Bewerbungsprozess oder die Gehaltsverhandlung zu gehen und den eigenen Marktwert zu kennen. Doch genau das bereitet jungen Menschen oder Quereinsteigern oftmals Schwierigkeiten.

Ein Beispiel: Erst vor kurzem habe ich von einem Jobsuchenden gehört, warum es in seinem Fall nicht möglich sei, seinen Marktwert herauszufinden. Schließlich habe er gerade sein BWL-Studium abgeschlossen, während des Studiums in einem Hotel an der Rezeption gejobbt und vorher die Lehre als Koch abgeschlossen. Zugegeben, nicht gerade ein extrem stringenter Lebenslauf – doch schließt das eine klare Marktwertbestimmung aus? Zahlt sich eigentlich die Erfahrung aus meinen vorigen Jobs aus, um wie viel verdiene ich dadurch mehr? Und was, wenn ich Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Branchen erworben habe? Ganz grundsätzlich gilt: Bezahlt wird nur der Marktwert der Position, für die ich mich bewerbe beziehungsweise die ich bereits ausübe.

Und wie findet man den Marktwert dieser Position? Gründliche Recherche bleibt einem nicht erspart, doch mittlerweile funktioniert das besser als noch vor einigen Jahren. Lange Zeit galt Gehalt als Tabuthema – nun gibt es einige Möglichkeiten, sich dem Thema anzunähern, zum Beispiel über Karriereportale oder Daten der Statistik Austria. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis wird unter Jungen offener über das Einkommen gesprochen.

Auch die Lebenshaltungskosten und der Unternehmensstandort haben Einfluss auf die Höhe des Gehalts.
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Einflussfaktoren auf das Gehalt

Neben der Recherche und dem Austausch mit anderen hilft es, ein paar grundlegende Fakten zu kennen. Der Marktwert einer Position wird nämlich zusätzlich von folgenden Faktoren beeinflusst:

1. Land und Region

Der Unternehmensstandort spielt eine entscheidende Rolle: In Zürich liegt das Einstiegsgehalt für einen BWL-Bachelor (FH) bei 76.000 Schweizer Franken brutto im Jahr (in etwa 69.300 Euro), in Wien sind es im Schnitt 42.000 Euro. Die Lohnunterschiede sind auch durch die unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten begründet: Denn je höher diese ausfallen, desto höher sind in der Regel auch die Gehälter. Ist eine Firma im ländlichen Raum angesiedelt, ist die Bezahlung meist niedriger als in städtischen Ballungszentren. Der Business-Assistent wird in Wien für einen ähnlichen Job in einer vergleichbaren Firma mehr verdienen als sein Pendant im Burgenland.

2. Branche

Auch die Branche hat Einfluss auf die Höhe des Gehalts. Ein Marketing-Manager kann beispielsweise in der Pharmaindustrie bei gleicher Qualifikation mehr verdienen als im Bereich Transport und Logistik. Bewerberinnen und Bewerber sollten sich deshalb nicht nur über die marktüblichen Gehälter für ihre Position informieren, sondern auch in ihrer Branche.

3. Unternehmensgröße

Je größer das Unternehmen, desto besser ist meist auch die Bezahlung. Wer sich bei einer kleinen Firma oder einem Start-up bewirbt, sollte also damit rechnen, dass das Gehalt geringer ausfällt. Langfristig können die Perspektiven jedoch besser sein: Denn wer sich hier beweist, kann manchmal deutlich schneller aufsteigen als in einem Großkonzern. Und nicht immer verdient man als Führungskraft mehr als eine Expertin oder ein Experte. Teamleiter mit zum Beispiel drei bis fünf Mitarbeitenden können durchaus weniger verdienen als eine Person mit Expertenrolle im selben Bereich. Bewerberinnen und Bewerber sollten hier abwägen, welche Perspektive ihnen langfristig wichtiger ist.

4. Aufgabenbereiche

Entscheidend sind ebenfalls die konkreten Aufgaben und der Verantwortungsbereich. Beschäftigte im Controlling verdienen besser als in der Buchhaltung, Fachkräfte in der IT-Software besser als in der IT-Hardware, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Diese Unterschiede sollten junge Menschen in Ausbildung und Quereinsteiger beachten.

5. Berufserfahrung

Das Gehalt hängt natürlich stark von der Berufserfahrung ab. Zu den Berufseinsteigern zählen Personen direkt nach einem Abschluss beziehungsweise mit weniger als zwei Dienstjahren in einem Bereich. All jene, die also bereits Erfahrung sammeln konnten, können in der Gehaltsverhandlung auch mehr verlangen. Der Marktwert einer Position ist nicht eine genaue Zahl, sondern eine Gehaltsbandbreite, die einen Verhandlungsspielraum von fünf bis 15 Prozent durchaus offenlässt. Die Verhandlungsmarge beim Berufseinstieg ist zwar eher gering, man kann sich aber genau anschauen, wie hoch das marktübliche Gehalt für die angestrebte Position ist und welche Fähigkeiten und Erfahrungen man in den Job mitbringt. (Martina Ernst, 18.5.2021)