Die Plattform EU-Infothek unterstellte der Opposition, sich mit einem Zeugen abgesprochen zu haben. Stephanie Krisper (Neos, Mitte) klagte dagegen – und verlor (nicht rechtskräftig).

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Geht es um aktuelle Skandale, die ihre Parteispitze betreffen, verweist die ÖVP gern auf das Verhalten anderer: Politischer Postenschacher sei unter der SPÖ gang und gäbe gewesen, hieß es sinngemäß von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), als dieser im Bundesrat zur türkis-blauen Personalpolitik befragt wurde. Angesichts der Ermittlungen gegen Kurz wegen des Verdachts auf Falschaussage im U-Ausschuss will die ÖVP nun zeigen, dass es angeblich auch andere Politikerinnen und Politiker mit der Wahrheit nicht so genau nehmen.

So lud der türkise U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger am Montagvormittag zu einer Pressekonferenz mit dem Titel "Manipulationsverdacht gegen die Neos im Ibiza-U-Ausschuss bestätigt". Der Angelegenheit liegt ein Rechtsstreit zugrunde, der recht komplex ist. Es geht um die Ladung des Novomatic-Kritikers Peter Barthold in den U-Ausschuss und angebliche Absprachen zwischen ihm und der Opposition.

Treffen oder Absprache?

In einem Artikel auf der Plattform "EU-Infothek" – herausgegeben vom Novomatic-nahen Lobbyisten Gert Schmidt – wurde behauptet, Barthold habe sich vor seiner Befragung im U-Ausschuss mit SPÖ, FPÖ, Neos und Grünen getroffen und seine Aussagen "vorab abgesprochen". Deshalb ergriffen die Erwähnten rechtliche Schritte, die Neos klagten beispielsweise wegen Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Die Partei bestritt darin, dass es "Treffen mit Peter Barthold in den Räumlichkeiten der klagenden Partei gegeben" habe, "bei der (sic!) seine Aussage im Untersuchungsausschuss vorab (...) besprochen worden sei".

In der Verhandlung vor dem Handelsgericht Wien gab Krisper an, dass sie Barthold "ein Mal zwischen Ladung und seiner Aussage getroffen" habe, da seien jedoch keine Themen des Ibiza-Untersuchungsausschusses besprochen worden. Sie kenne Barthold schon seit Jahren, habe immer wieder Informationen von ihm erhalten. Ein Mitarbeiter ihres Teams gab an: "Inhaltlich wurde über seine Aussagen in keinster Weise gesprochen." Auch Barthold bestreitet das.

Glücksspiel und Lobbying

Als Belastungszeuge für die Gegenseite trat neben Schmidt ein weiterer Glücksspiel-Lobbyist namens Karl Vybiral auf. Gegen ihn und Schmidt wird parallel dazu ermittelt, weil sie angeblich selbst seine Aussagen im U-Ausschuss beeinflussen wollten. Dokumentiert ist ein Treffen auf einer Raststätte zwischen Vybiral, Schmidt und Barthold wenige Tage vor seinem Auftritt im U-Ausschuss. Die beiden bestreiten diese Vorwürfe und wurden bereits von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vernommen, es gilt die Unschuldsvermutung. Mit Barthold traf sich vor seiner Ladung im U-Ausschuss auch Kurz' Kabinettschef Bernhard Bonelli; andere Auskunftspersonen sahen naturgemäß im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit auch Fraktionsmitglieder.

Ungeachtet dessen erklärte der Richter nach der 7,5 Stunden langen Verhandlung im Neos-Prozess, dass "zumindest der Tatsachenkern der Absprache der Zeugenaussage (...) nachgewiesen" sei. Dagegen wollen die Neos wiederum Berufung einlegen. Erfolgreich waren in der Angelegenheit vorerst die Grünen, sie gewannen – nicht rechtskräftig – gegen die EU-Infothek.

Im Zuge ihrer Ibiza-Berichterstattung war die EU-Infothek in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten involviert gewesen. Ihr Herausgeber Gert Schmidt betreibt auch "Spieler-Info.at", er widmet sich dem Kampf gegen das illegale Glücksspiel. Dafür floss auch viel Geld von der Novomatic an Schmidt. Mit seiner EU-Infothek und den Berichten über Kritiker der Novomatic habe das aber nichts zu tun, versichert Schmidt. Er taucht auch selbst als Gesprächspartner in Chats auf, die in den Ermittlungen zur Causa Casino ausgewertet werden. So lobbyierte Schmidt zum Beispiel bei Johann Gudenus (FPÖ) zum Thema Glücksspiel. (Fabian Schmid, 17.5.2021)