Ganz sauber geht es natürlich nicht, denn auf der Autobahn und der langen Distanz macht der elektrische Antrieb (noch) keinen Sinn, der ist in diesem Fall eindeutig für den Stadtverkehr und die Wege drumherum gedacht. Wobei die elektrische Höchstgeschwindigkeit beim Mercedes GLE 350 de immerhin bei 160 km/h liegt, also deutlich mehr als bei der Konkurrenz üblich. Allerdings stürzt bei hohem Tempo natürlich die Reichweite in sich zusammen.

Mit gemäßigter Fahrweise kann man doch hundert Kilometer weit mit einer Ladung auskommen, dann muss der Mercedes wieder an die Steckdose. Und es ist ein wirklich großer Wagen, den Mercedes hier teilelektrifiziert hat: Der GLE mit dem Plug-in-Hybrid-Antrieb wiegt ordentlich, es sind satte 2,6 Tonnen. Das liegt nicht nur an der puren Größe des Fahrzeugs, sondern natürlich auch an den zwei Motoren, die in ihm wohnen, und der dazugehörigen und notwendigen Batterie.

Auf der Langstrecke zu Hause, elektrisch macht der GLE in der Stadt und drumherum Sinn, kann aber auch Wald und Wiese, war ja einmal ein Geländewagen.
Foto: Völker

Die perfekte Wahl

Bedingt wohl auch durch die enorm große Batterie, 31,2 kWh Kapazität, weist dieser GLE im Ladekapitel zwei Besonderheiten auf: Mit Wechselstrom lässt er sich statt der herkömmlichen 3,6 kW (bei 16 A) mit bis zu 7,4 (32 A) befüllen, geht gleich viel schneller, in eineinhalb Stunden ist der Speicher wieder voll. Und Stichwort schnell, zweite Spezialität: Gleichstromladen. Kann er auch, kann sonst kaum ein Plug-in-Hybrid. Mit 60 kW. Da ist der Akku dann in 20 Minuten auf 80. Prozent nämlich.

Unsere Testanordnung war komplex, sie beinhaltete nämlich auch einen weiteren Test, nämlich jenen des Ferrari Portofino M, der in der Nähe von München abzuholen war. Wie reist man da standesgemäß und vor allem ausreichend komfortabel an? Alle Kleinfahrzeuge schieden automatisch aus, da sie in der Regel auf langen Strecke nicht komfortabel, sondern ermüdend sind. Und zwar erst recht dann, wenn sie auch Spaß machen.

Der GLE erwies sich als perfekte Wahl. Man beginnt nicht zu weinen, wenn man vom Ferrari wieder in den Mercedes umsteigt, sondern freut sich auf die Heimreise, weil diese besonders komfortabel und entspannend ausfallen wird. Die Hinreise an sich ist fast noch besser, weil das Fahren im Mercedes das reinste Vergnügen ist und die Vorfreude auf den Ferrari die Monotonie der langen Anreise aus den Angeln hebt.

Zugegeben, so lange Auto zu fahren, um dann woanders Auto zu fahren, das kann man als Versuchsanordnung schon hinterfragen, das klingt jetzt nicht rasend intelligent. Aber wir machen das ja nicht aus Vergnügen, sondern aus beruflichen Gründen, um Ihnen die Fahrzeuge näherzubringen, indem wir uns geografisch entfernen. Klingt wie eine Ausrede, ist es auch, aber wo der Ferrari übergeben würde, konnten wir uns nicht aussuchen.

Voller Akku = etwa zehn Euro

Zurück zum Mercedes: Die lange Strecke ist das, was er am besten kann, weil er unschlagbar gemütlich ist. Man steigt nach Stunden völlig entspannt aus. Dann kann er natürlich auch noch ein bisschen Gelände, das ist ja auch optisch die an ihn gestellte Aufgabe, und Allrad hat er.

Foto: Völker

Was den GLE in dieser Konstellation aber wirklich interessant macht, ist, wie schon eingangs erwähnt, der Plug-in-Hybrid. Zur langen Strecke kann dieser große Mercedes nämlich jetzt auch noch perfekt die Stadt, emissionsfrei nämlich. Ohne Zittern, wie lange und weit man kommen wird. Mit einer Reichweite von hundert Kilometern kann man entspannt losfahren, ohne sich gleich überlegen zu müssen, wo die nächste Ladesäule steht.

Üblicherweise wird bei Hybridfahrzeugen der Elektromotor mit einem Benziner gepaart, hier steckt aber ein Turbodiesel mit knapp 200 PS unter der Haube.

Es kommt natürlich ganz extrem auf die Strecken an, die man zurücklegt, ob das jetzt nur Stadt oder nur Autobahn oder welche Mischung das ist, aber ein Durchschnittswert von vier Litern auf 100 Kilometer ist jedenfalls nicht ganz verkehrt. Hinzu kommen noch die Stromkosten, die wegen der unterschiedlichen Angebote kompliziert zu errechnen sind. Bei Verwendung von Haushaltsstrom kann man für einen vollen Akku von etwa zehn Euro ausgehen.

Ach ja, das Auto selbst kostet auch, das ist nicht für die schmale Geldbörse ausgelegt, eher im Gegenteil. Der Grundpreis liegt bei 80.000 Euro, mit allem, was nett ist und das Leben leichter macht, ist man schnell einmal bei 100.000 Euro. (Michael Völker, 29.5.2021)