"Österreich steht voll und ganz hinter Israel, und als Zeichen dafür weht die Flagge Israels auf unserem Haus", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag. Im Haus am Minoritenplatz wird das auch kritisch gesehen. Warum, erläutern Andreas Stadler und Marion Gratt im Namen der Offenen Liste Außenministerium.

Nach den Angriffen auf Israel aus dem Gazastreifen haben Bundeskanzleramt und Außenministerium die israelische Fahne als Zeichen der Solidarität gehisst.
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Im österreichischen Regierungsprogramm wird gleich zu Beginn des Kapitels Außenpolitik die friedenspolitische Rolle, die Bedeutung der Neutralität sowie die Verankerung Österreichs in den Vereinten Nationen und der Europäischen Union hervorgehoben. Beim Bekenntnis zu einer Zweistaatenlösung im Nahen Osten heißt es: "Der Staat Israel soll in anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen in Frieden neben einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat leben können."

Ewa Ernst-Dziedzic, außenpolitische Sprecherin der grünen Regierungsfraktion im Parlament, hat angesichts der schrecklichen Gewalteskalation zwischen Israel und den Palästinensern klargemacht, dass das Hissen der Fahne Israels in dieser Phase des Konflikts nicht geboten sei. Weiters unterstrich sie, dass die internationale Gemeinschaft sich nun verstärkt darum bemühen müsse, wieder einen multilateralen Friedensprozess in Gang zu bringen. Sie spricht dabei wohl einer großen Mehrheit der Österreicher aus dem Herzen, die keinen Sinn in einer Parteinahme in einem internationalen Mega-Dauerkonflikt sehen, zu dessen Lösung die österreichische Außenpolitik im Rahmen ihrer Möglichkeiten beitragen sollte.

Gewalt und Gegengewalt

Die meisten EU-Mitgliedsstaaten haben in der derzeitigen Situation von Gewalt und Gegengewalt keine Partei ergriffen und angesichts des Horrors für die Zivilbevölkerung zur Waffenruhe auf beiden Seiten aufgerufen. Für Österreich, das schon 2015 seine gesamte Diplomatie zu Recht und erfolgreich für die Iran-Gespräche mobilisiert hatte, steht auch 2021 viel auf dem Spiel, wenn wir helfen wollen, diese gefährliche Eskalation im Nahen Osten zu entschärfen.

Es geht um unsere globale Sicherheit, aber auch um die Sicherheit in Österreich. Die internationalen Spannungen nähren auch im Inland die Radikalisierung extremistischer Gruppen, die zu dem Terrorismus führen kann, den wir am 2. November 2020 in Wien erleben mussten. Eine unerbetene, in ihren Konsequenzen nicht abschätzbare Parteinahme könnte in Zukunft die Interessen von Österreichern im Ausland aufs Spiel setzen: vor allem in Ländern, die aufseiten der Palästinenser stehen. Zum Beispiel sorgen 180 österreichische Soldaten im Auftrag der Vereinten Nationen im Libanon, auf dem Gebiet der Hisbollah, für die Einhaltung eines Waffenstillstands.

Nicht zuletzt müssen wir vermeiden, dass österreichische Botschaften und Einrichtungen im Ausland zum Ziel werden. Wir sind immer noch ein friedliebender Kleinstaat, der vermitteln will und Brücken baut. Genau darin besteht unsere Stärke. (Andreas Stadler, Marion Gratt, 18.5.2021)