Ein Demonstrant in Berlin unterstellt Israel Terrorismus.

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Antisemitische und gewalttätige Kundgebungen infolge der Eskalation in Israel sorgen quer durch Europa für Besorgnis und Diskussionen über den Umgang mit gegen Juden gerichtete Protestveranstaltungen. In zahlreichen europäischen Städten wurden seit Beginn des Raketenbeschusses Israels durch die islamistische Terrororganisation Hamas am vergangenen Montag pro-palästinensische Kundgebungen mit zum Teil tausenden Teilnehmern abgehalten. Zwar verliefen einige friedlich, beim überwiegenden Teil wurden jedoch antisemitische Slogans skandiert respektive antisemitische Transparente gezeigt.

In Wien musste die Polizei am Samstag eine Pro-Israel-Kundgebung bei der Staatsoper vor plötzlich auftauchenden Pro-Palästina-Demonstranten schützen. Aufgrund "des Gehabes der Teilnehmer der Gegendemonstration war von einer hohen Gewaltbereitschaft auszugehen", erklärte die Polizei. Um die israelische Botschaft wurde ein Platzverbot erlassen. Bereits am vergangenen Mittwoch sorgten antisemitische Parolen und Transparente bei einer Kundgebung auf der Mariahilfer Straße für Empörung.

Nach der Demo, die von den für antisemitische Positionen kritisierten Gruppierungen Antiimperialistische Koordination, Dar-al-Janub und der Boykottbewegung BDS organisiert worden war, erklärte Innenminister Karl Nehammer, dass der Verfassungsschutz Ermittlungen aufgenommen habe und der Schutz für jüdische und israelische Einrichtungen verstärkt werde.

Israel-Flaggen angezündet

Auch in Deutschland war es in den vergangenen Tagen in mehreren Städten zu Ausschreitungen gekommen. In Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) versammelten sich vor der Synagoge rund 180 Demonstranten, es wurde der Ruf "Scheiß-Jude!" laut. In Düsseldorf und Solingen haben Unbekannte vor dem Rathaus gehisste israelische Flaggen angezündet. Die Israel-Flagge vor der CDU-Zentrale in Berlin wurde gestohlen.

Die Politik in Deutschland ist alarmiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte zwar, dass das Grundgesetz die Meinungsfreiheit garantiere, erklärte aber auch: "Wer auf unseren Straßen Fahnen mit dem Davidstern verbrennt und antisemitische Parolen brüllt, der missbraucht nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern der begeht Straftaten, die verfolgt werden müssen."

Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) betonte: "Wer antisemitischen Hass verbreitet, wird die volle Härte des Rechtsstaats zu spüren bekommen." Die Sicherheitsbehörden täten alles, um die Menschen zu schützen: "Jüdinnen und Juden dürfen in Deutschland nie wieder in Angst leben." Eine stärkere Überwachung der Szene durch Polizei und Verfassungsschutz fordert der Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Vier Männer in London verhaftet

In London wurden vier Männer verhaftet, nachdem bei einer Kundgebung mit einem Megafon aus einem Auto heraus antisemitische Parolen gebrüllt worden waren. In Chigwell in der Grafschaft Essex wurde ein Rabbi angegriffen, beraubt und verletzt.

In Frankreich hatte Innenminister Geráld Darmanin eine Kundgebung in Paris untersagen lassen, da bereits in der Vergangenheit bei antiisraelischen Protesten die öffentliche Ordnung massiv gestört wurde. Dennoch demonstrierten am Samstag tausende in der französischen Hauptstadt, die Polizei nahm dutzende Personen fest. In anderen Städten waren die Proteste nicht verboten worden. (Birgit Baumann, Michael Vosatka, 18.5.2021)