Der frühere DAX-Konzern Wirecard war im Juni 2020 nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht.

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Berlin – Die Große Koalition hat sich nach Angaben der SPD beim Wirecard-Gesetz auf Details geeinigt. Wahrscheinlich wird der Gesetzentwurf damit bereits diese Woche im Deutschen Bundestag abschließend beraten. Eine monatelange Hängepartie dürfte damit zu Ende gehen.

Der Finanzskandal um den mittlerweile insolventen Zahlungsabwickler Wirecard habe auch eine gute Seite, sagte die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. "Endlich konnten wir Maßnahmen beschließen, die bisher am Druck der Lobby gescheitert sind. Dazu gehören kürzere Rotationsfristen und höhere Haftung für Wirtschaftsprüfer." Dem Wirtschaftsprüfer EY wird vorgeworfen, den Bilanzbetrug nicht entdeckt und die Wirecard-Bücher jahrelang testiert zu haben.

Kiziltepe sagte, wie im Rest von Europa werde es für Prüfer künftig bei Unternehmen von öffentlichem Interesse eine unbeschränkte Haftung bei grober Fahrlässigkeit geben. "Doch das ist nicht das Ende der Fahnenstange: Bei den Wirtschaftsprüfern besteht weiterhin Handlungsbedarf. Perspektivisch brauchen wir eine noch stärkere Trennung von Beratung und Prüfung."

Bundesrechnungshof sieht Gesamtversagen

Mit dem sogenannten Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (Fisg) soll die Finanzaufsichtsbehörde BaFin mehr Biss bekommen. Auch ihr wird vorgeworfen, in dem Fall versagt zu haben. Sie soll künftig allein für die Bilanzkontrolle zuständig sein. Die als Bilanzpolizei bekanntgewordene privatwirtschaftliche DPR sei damit Geschichte, so Kiziltepe.

Laut "Handelsblatt" sieht der Deutsche Bundesrechnungshof im Fall Wirecard ein Gesamtversagen. Das gehe aus einem Geheimbericht hervor, so die Zeitung. "Keiner der Akteure – Bundesfinanzministerium, Bundesjustizministerium, Deutsche Bundesbank, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR – hat die Brisanz des Falles Wirecard frühzeitig erkannt und seine Handlungsoptionen ausgeschöpft, um die Aufklärung mit Nachdruck voranzutreiben und Fehlverhalten zu unterbinden", heißt es dem Bericht.

Der frühere DAX-Konzern war im Juni 2020 nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche. Mehrere Ex-Manager von Wirecard sitzen in Untersuchungshaft, ein früherer Vorstand ist auf der Flucht. (APA, 17.5.2021)