Bis zu eine Million Liter Diesel sollen durch den Umstieg auf Wasserstoff gespart werden.

Foto: Zillertaler Verkehrsbetriebe AG

Güterverkehr auf Schmalspurbahnen war lange Zeit kein wirtschaftlich bedeutender Faktor mehr. Auf der knapp 32 Kilometer langen Zillertalbahn in Tirol etwa fuhr der letzte Güterzug Ende 2013.

Am 17. Mai 2021 hat man den Transport auf der Schiene wieder aufgenommen. Die Zillertalbahn transportiert von da an pro Jahr rund 4.000 Wagons zu je 40 Tonnen Holz von Jenbach zur Firma Binderholz nach Fügen. Dadurch soll die Bundesstraße 169 im Bereich Brettfalltunnel um rund 16.000 Lkw-Fahrten jährlich entlastet werden.

Für den Transport werden neu konzipierte Sonderkonstruktionen des österreichischen Güterwagenherstellers Innofreight verwendet, die direkt auf vorhandene Schemelwagons montiert werden. Die Besonderheit ist die hohe Ladekapazität von 40 Tonnen pro Wagon.

In einem neuen Güterterminal in Jenbach erfolgt die Kranumladung von den Zügen der Westbahn. Dies ist laut dem technischen Direktor Helmut Schreiner wesentlich besser als das Aufschemeln von Normalspurwagons. Auf diese Weise könnten drei Güterzüge mit je zehn Wagons pro Tag geführt werden. Aufgrund der neuen Technik ist in weiteren Ausbauschritten eine Erweiterung des Güterverkehrs auf andere Betriebe und Materialien geplant.

Strom statt Diesel

Innovativ ist die Zillertalbahn auch im Personenverkehr: Als weltweit erste Schmalspurbahn rüstet sie ihr gesamtes Personenzugsystem zwischen Jenbach und Mayrhofen auf Wasserstofffahrzeuge um. Den Betrieb der Bahn teilen die Gemeinden entlang der Strecke. Sie hatten eine Elektrifizierung mittels Oberleitung abgelehnt, weil sie keine zusätzlichen zu den schon vorhandenen Stromleitungen im stark touristisch geprägten Tal genehmigen wollten.

Nun wird erstmals ein komplettes Bahnsystem auf die neue Traktionsform umgestellt. Der Schweizer Hersteller Stadler, Spezialist für die Herstellung von Schmalspurbahnen, hat den Auftrag für fünf Triebwagenzüge erhalten, die 2024 sukzessive in Betrieb gehen sollen. Die Schweizer haben inzwischen einen zweiten Auftrag für Wasserstoffzüge erhalten, diesmal aus Kalifornien.

Neue Steuerungssoftware

"Für Stadler ist ein solcher Schmalspurtriebwagen zwar Neuland, nicht aber dessen Einzelteile", sagt Schreiner. "Der Wagenkasten und die Mechanik sind ident mit bestehenden Fahrzeugen. Auch die Brennstoffzelle selbst ist keine Neuigkeit." Somit sei es ein "Zusammenbau von bewährten Materialien".

Neu ist hingegen die Software zur Fahrzeugsteuerung, also das Zusammenspiel von Aktionsbatterie mit Wasserstoffantrieb. Aufgrund der Forschungskosten wird der Zug etwa 15 bis 20 Prozent teurer sein als ein herkömmliches Fahrzeug, doch erwartet Schreiner einen günstigeren Betrieb, weil man grünen Strom einsetzen möchte: Überschussstrom aus Laufwasserkraftwerken des Verbunds im Zillertal.

"Da haben wir den Vorteil, dass der Strom für den Wasserstoff zu Zeiten verwendet wird, wenn die Nachfrage nicht so groß ist", sagt er. "Das heißt, man hat eine Entkoppelung des Wasserstoffbedarfs von der Wasserstoffproduktion." Während bei herkömmlichen Zügen der Strom produziert werden muss, sobald der Zug losfährt, könne der Wasserstoff für den neuen Zug in den Nachtstunden produziert und erst bei dessen Abfahrt in der Früh verstromt werden.

Leistungsfähige Triebwagen

Zwar ist die Effizienz von Wasserstoff mit einem Wirkungsgrad von nur etwa 50 Prozent schlecht, doch werden die neuen Triebwagen wesentlich leistungsfähiger sein als ihre mit Diesel betriebenen Vorgängergarnituren.

"Die derzeitigen Züge haben vier angetriebene Achsen, die neuen Züge werden acht angetriebene Achsen haben. Sie werden mit 1400 Kilowatt die doppelte Leistung haben und 180 Kilonewton Anzugfahrkraft aufweisen", sagt Schreiner. "Und wir können die Fahrzeit von derzeit 55 Minuten auf 45 Minuten reduzieren."

Drei Anlagen, sogenannte Elektrolyseure, werden im Zillertal unter Stromeinsatz Wasser in Wasserstoff umwandeln, den der Verbund dann der Zillertalbahn verkauft. Bis zu eine Million Liter Diesel will man auf diese Weise einsparen.

Mit jeweils 320 Kilogramm Wasserstoff sollen die vier Züge jeden Morgen aufgetankt werden. Diese Tankfüllung soll ausreichen, damit jeder Zug den ganzen Tag zwischen Jenbach und Mayrhofen, insgesamt 600 Kilometer, unterwegs sein kann, versichert Schreiner. "Das heißt, er braucht keinen betrieblichen Halt, um Strom zu tanken." (Stefan May, 20.5.2021)