"Sperrst scho auf heit?" "Na, erst muagn." Der Schmäh rennt im Wiener Prater. Herr R. ist gerade dabei, den Jumper zu inspizieren, als er von zwei Kollegen blöd angequatscht wird. Jumper? Dabei handelt es sich um ein Fahrgestell, laut Homepage für die ganze Familie geeignet, das durch Auf-und-ab-Bewegungen Springen nachahmen soll. Die Männer nebenan sind via Hebebühne noch dabei, letzte Montagearbeiten an ihrer Attraktion fertigzustellen.

Die Attraktionen werden fit gemacht.
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Emsiges Treiben herrscht an diesem Dienstagvormittag im Wurstelprater. Einen Tag bevor die Saison losgeht – Corona-bedingt heuer etwas später als sonst –, wird hier noch an allen Ecken und Enden gearbeitet. Der Boden im Autodrom wird aufgekehrt, Rasenflächen werden gemäht, es werden Pflanzen gesetzt, Ausbesserungsarbeiten von Malern durchgeführt und Fenster geputzt.

Vorfreude und Optimismus

Herr R. kann die Eröffnung gar nicht mehr erwarten. In den letzten Monaten war er beim AMS gemeldet. "Das ist die Wiederauferstehung", ist er sichtlich erfreut. Das ewige Zu-Hause-Herumsitzen liege ihm gar nicht. "Ich will arbeiten, solange das Blut in meinen Adern pulsiert", drückt er seine Vorfreude etwas theatralisch aus.

Letzte Kontrolle der Glühbirnen in den Lampen vor dem Ringelspiel.
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Auch Silvia Lang ist guter Dinge. Sie schlendert mit ihrem 18 Jahre alten Hund durch den Vergnügungspark. "Heuer ist die Stimmung schon anders als in den Jahren zuvor", sagt die aus einer Schaustellerdynastie stammende Unternehmerin und Vizepräsidentin des Wiener Praterverbands zum STANDARD. Immerhin sei man mit der Eröffnung aber früher dran als im Vorjahr, wo die Fahrgeschäfte erst am 29. Mai ihren Betrieb aufnehmen konnten. Auf die Situation, vor der Benutzung einer Attraktion Corona-Tests, Genesungs- oder Impfnachweise kontrollieren zu müssen, hätten sich alle eingestellt, ist sie von einem reibungslosen Prozedere überzeugt.

Ab Mittwoch öffnen wieder Gastronomie, Kultur und Hotellerie.


DER STANDARD

Langs Familie lebt und arbeitet seit mehr als 150 Jahren im Prater, ihre 94 Jahre alte Mutter ist noch wohlauf. Sie deutet auf den Hund und sagt: "Im Prater wird man alt." Ihre Vorfahren hätten schon viel erlebt, das Corona-Jahr stellt für sie nur ein weiteres Kapitel in der Geschichte dar. Am Umsatz habe man im vergangenen Jahr schon bemerkt, dass nicht alles ist wie immer. "Die Touristen sind uns abgegangen", so Lang. Aber zum Jammern sei das kein Grund, sagt die Betreiberin des Magic Dreamland und der Wiener Rutsche.

Die Rutsche gehört längst zum Prater-Inventar.
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Dass die Umsätze heuer an die Zeit vor der Pandemie heranreichen, nehmen weder Schausteller noch Wirte an. Hier orientiert man sich eher am Vorjahr, wie am Montag bei einer Pressekonferenz verlautbart wurde. 2020 sind im Prater im Vergleich zu 2019 in etwa die Hälfte der Einnahmen lukriert worden. Neue Attraktionen, wie zum Beispiel eine Trampolinanlage für Kinder oder die vom Kabarettisten Viktor Gernot betriebene Praterbühne, sollen Besucher anziehen.

Ab Mittwoch sind die Rollläden wieder geöffnet.
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Michael Prohaska, Geschäftsführer der Prater Wien GmbH, Stefan Sittler-Koidl, Präsident des Wiener Praterverbands, und Karl Jan Kolarik, Geschäftsführer des Schweizerhauses, erläuterten auch die geltenden Regeln für die heurige Saison. Neben den schon erwähnten Test-, Impf- oder Genesungsnachweisen, auf die sich die Fahrgeschäftbetreiber freiwillig geeinigt haben, gilt es für alle, die nicht aus demselben Haushalt kommen, den Zwei-Meter-Abstand einzuhalten sowie die FFP2-Masken-Pflicht indoor, in Warteschlangen und in der Gastronomie. Dort natürlich nicht bei Tisch. Auf der öffentlichen Fläche gilt laut Verordnung keine Maskenpflicht, solange der Zwei-Meter-Abstand eingehalten werden kann.

Bänder wie bei Festivals

Das Sicherheitskonzept wurde mit Unterstützung von Hans-Peter Hutter, Public-Health-Experte der Medizinischen Universität Wien, entwickelt. Auf Anregung der Stadt Wien errichtete man auch zwei Teststationen. Sie befinden sich in Containern auf dem Wurstelplatz und auf dem Riesenradplatz. In Planung ist, im Laufe der Saison, ähnlich wie bei Festivals, Bänder auszugeben, sobald man seinen Impf-, Test- oder Genesungsnachweis erbracht hat.

Der Testcontainer beim Riesenrad wirkt am Dienstag noch verlassen, doch dann werden die ersten Aufkleber angebracht. "Wir testen Sie!", steht darauf zu lesen. Jeder, der eine E-Card hat, ist willkommen. Ein Besuch des Praters ist keine Voraussetzung. Betrieben werden die Teststationen von einer unweit des Praters befindlichen Apotheke.

Die Regierungsspitze wird zur Eröffnung im Schweizerhaus einkehren.
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Wie im Winterschlaf wirkt am Dienstag noch der Gastgarten des Schweizerhauses, auch wenn Tor und Schriftzug gründlich geschrubbt werden. Doch auch hier wird sich ab Mittwoch Trubel einstellen. Am Eröffnungstag hat sich zum "Mittagstisch" die Regierungsspitze in Form von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer angekündigt. Kameraschwenk inklusive. (Rosa Winkler-Hermaden, 19.5.2021)