General Abdel Fattah al-Burhan, der Chef des "Souveränen Rats" (links), hier mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (rechts), bedankte sich bei den Konferenzteilnehmern dafür, dass sie dem Sudan "den Rückweg in die Staatengemeinschaft geöffnet" hätten.

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Mit einem weitreichenden Schuldenerlass hat der Sudan eine weitere Hürde auf dem Weg von einer islamistischen Militärdiktatur zur Wiederaufnahme in die internationale Staatengemeinschaft genommen. Während einer eintägigen Konferenz in Paris am Montag vereinbarten Vertreter internationaler Finanzorganisationen und Abgesandte der Industrienationen mit den Führern der sudanesischen Regierung ein komplexes Paket von Umschuldungen und Schuldenerlassen, das dem mit fast 50 Milliarden Euro verschuldeten nordostafrikanischen Staat wieder wirtschaftlichen Spielraum verschaffen soll.

Sowohl die Sezession des erdölreichen Südsudans vor zehn Jahren wie die Misswirtschaft des seit zwei Jahren inhaftierten Militärdiktators Omar al-Baschir – aber auch Überflutungen des Nils und die Covid-Pandemie – hatten den Sudan an den Rand eines Wirtschaftskollapses geführt. Die öffentliche Verschuldung stand zuletzt auf über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Inflation ist auf über 300 Prozent geschnellt. Die Krise drohte den nach der sudanesischen Revolution vor zwei Jahren begonnenen Übergangsprozess des Landes von einer Militärdiktatur zu einer zivilen Demokratie zu gefährden: Er soll mit Wahlen in drei Jahren abgeschlossen werden.

Von Terrorliste gestrichen

Zum Abschluss des Pariser Gipfels, der den Schuldenerlass von weit über zehn Milliarden Euro regelt, bedankte sich der Chef des "Souveränen Rats", General Abdel Fattah al-Burhan, bei den Konferenzteilnehmern dafür, dass sie dem Sudan "den Rückweg in die Staatengemeinschaft geöffnet" hätten: "Das sudanesische Volk wird das niemals vergessen." Das Land sei kein "Unterstützer des internationalen Terrors mehr", das "unter seinen Schulden und der Kuratel der Islamisten" zusammenbreche, fügte Omer Gamareldin, außenpolitischer Berater des Regierungschefs Abdallah Hamdok, hinzu: "Unser Gesicht hat sich verändert. Wir haben Frieden mit zahlreichen Rebellengruppen geschlossen, unser Land ist reich an Bodenschätzen und befindet sich im Herzen einer strategisch wichtigen Region."

Dem Gipfel ging die Streichung des Sudans als "Terrorstaat" seitens der US-Regierung Mitte Dezember voraus. Washington hatte das Land 1993 auf diese Liste gesetzt – unter anderem, weil dessen Regierung Osama bin Laden Unterschlupf gewährt hatte und an der Planung der Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Nairobi und Dar-es-Salam beteiligt gewesen sein soll. Ihre Entscheidung machte die Trump-Administration von der Zahlung der sudanesischen Regierung von 335 Millionen Dollar an Schadensersatz für die Hinterbliebenen der Opfer der bei den Anschlägen getöteten US-Bürgerinnen und -Bürger abhängig. Gleichzeitig hob Washington seine Sanktionen gegenüber Khartum auf: Sie zählten neben denjenigen gegen Kuba zu den härtesten Wirtschaftsblockaden der USA.

Undurchsichtiges Geflecht an Unternehmen

Der Schuldenerlass verschafft der Übergangsregierung einen dringend nötigen ökonomischen Spielraum – doch die größten Hindernisse auf dem Weg zur Demokratisierung des nachrevolutionären Staates sind damit nicht aus dem Weg geräumt. Die Volkswirtschaft der einstigen Militärdiktatur wird von einem undurchsichtigen Geflecht an Unternehmen beherrscht, die noch immer von hochrangigen Militärs kontrolliert sind. Nach Angaben des zivilen Premierministers Hamdok kommen nur 18 Prozent von deren Erlösen der Staatskasse zugute. Zwar beschloss die Übergangsregierung Mitte März, dass die Aufsicht der Militärkonzerne an die jeweiligen Ministerien überführt werden soll. Doch auf das genaue Vorgehen haben sich die beteiligten Parteien bisher nicht geeinigt.

Dieser Prozess könnte das ohnehin prekäre Verhältnis zwischen der zivilen Regierung und den noch immer an der Macht beteiligten Militärs zusätzlich belasten. Derzeit steht der zivilen Regierung noch der von Generälen dominierte "Souveräne Rat" gegenüber, der die Initiativen der Regierung stoppen kann. Vor allem von General Mohamed "Hemeti" Dagalo, der die paramilitärische "Rapid Support Forces" befehligt und am illegalen Goldhandel Milliarden an Dollar verdiente, werden noch weitere Knüppel auf dem Weg des Sudans zur Demokratisierung erwartet. (Johannes Dieterich, 18.5.2021)