Wien – Am Mittwoch gingen größtenteils die Türen wieder auf, und die lang herbeigesehnte "Normalität" rückt ein großes Stück näher. Die Öffnungen sind jedoch damit verbunden, sich an die Drei-G-Regelung zu halten – man muss geimpft, getestet oder genesen sein und das nachweisen können. Bei einem kleinen Teil der Gewerbetreibenden stößt diese Testpflicht jedoch auf Widerstand. Die Website animap.at hat sich als Anlaufstelle ins Spiel gebracht.

Animap deklariert sich selbst als Branchenregister für Unternehmerinnen und Unternehmer, die bei ihren Kunden den Drei-G-Status nicht überprüfen möchten. Man wolle wegen der drohenden "Impf-Apartheid" niemanden ausgrenzen und allen Menschen freien Zugang zu Produkten und Dienstleistungen gewähren, heißt es.

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Großteil aus Gesundheitsbranche

Wer und wie viele Betriebe tatsächlich in dem Register eingetragen sind, variiert. Einerseits, weil sich die Zahlen auf der Seite selbst widersprechen, andererseits weil manche Betriebe verschwinden und dann wieder auftauchen. So listete Animap am Mittwochvormittag 30 Gastro-Betriebe auf, zu Mittag war keiner mehr dabei, und am frühen Nachtmittag waren es wieder 25. Den größten Teil stellt mit 253 Angeführten die Gesundheitsbranche, dahinter kommen Dienstleistungen (195) und Handel (116). Insgesamt bewegt sich die Zahl zwischen 950 und 980 Unternehmen. (Stand Mittwoch 13.15 Uhr).

Wie gehen die Behörden mit dem Verzeichnis um? "Es ist ähnlich wie bei einer Beschwerde, wir behalten diese Betriebe im Auge. Aber nur weil die Betriebe in dem Verzeichnis aufscheinen, muss es nicht automatisch stimmen", sagt etwa ein Sprecher vom Büro für Sofortmaßnahmen in Wien auf Anfrage des STANDARD. Die Polizei verweist auf ihre Assistenzfunktion für die Behörde. Wegen des Verzeichnisses werde man keine Ermittlungen starten. Es müsste jemand die Polizei alarmieren, um die Exekutive auf den Plan zu rufen.

"Grundsätzlich sehen die Strafbestimmungen des Covid-19-Maßnahmengesetzes Verwaltungsstrafen bei Verstößen vor. Das Ankündigen, sich nicht an das Gesetz und die darauf basierende Verordnung halten zu wollen, kann nicht geahndet werden. Inhaber von Betriebsstätten können sich jedoch strafbar machen, wenn sie z. B. nicht dafür Sorge tragen, dass die Voraussetzungen eingehalten werden", heißt es aus der WKÖ zu dem Thema.

Wer steckt dahinter

Ihren Ausgang nahm die Seite in der Schweiz, mit animap.ch gibt es dort das eidgenössische Pendant zum rot-weiß-roten Verzeichnis. Betrieben wird Animap von der "Reaktion.org" aus St. Gallen, deren "erklärtes Ziel lautet, verfassungsmäßige Grundrechte wiederzuerlangen". Man bezeichnet sich als "Bewegung aus Schweizer Bürgerinnen und Bürger verschiedenen Alters und Herkunft".

Die Bewegung hat sich dem Kampf der Corona-Politik verschrieben. Der Regierung wird vorgeworfen, "Pläne für einen globalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruch hin zu einem zentralisierten und autoritären Superstaat aktiv zu unterstützen". Die Fragen des STANDARD wollte Animap nicht beantworten. Man verzichte darauf, das Medium "dabei auch noch zu unterstützen, Menschen aufgrund ihrer Einstellung und Denkweise zu diffamieren", heißt es in einer Mail.

Die Ankündigung, sich nicht an das Gesetz zu halten, ist noch nicht strafbar – die Maßnahmen dann tatsächlich zu ignorierten jedoch schon.
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Polarisierung

Derartige Vorwürfe an die Regierung gibt es auch hierzulande, wie regelmäßige Großdemos zeigen. Die Sozialwissenschafterin Barbara Prainsack von der Uni Wien sieht ein gesamtgesellschaftliches Problem mit Polarisierungen: "Jene Menschen, die behaupten, die Gesellschaft vor zunehmender Polarisierung schützen zu wollen, polarisieren selbst oft am meisten. Sie drangsalieren andere mit ihrer Meinung und der Angst vor dem Superstaat", sagt Prainsack zum STANDARD. Durch extreme Betonung von Grenzen zwischen verschiedenen Gruppen würden diese gegeneinander ausgespielt. Bezüglich Animap will sie sich mangels Hintergrundinformationen nicht festlegen, die Bewegung dürfte ihrer Meinung nach jedoch auch in diese Kerbe schlagen.

Die Drei-G-Lösung sieht die Wissenschafterin als die "bestmögliche unter den unperfekten Lösungen". Keine Maßnahme schütze absolut, aber bei der Debatte um Gleichbehandlung sei das die beste Variante, vor allem wenn die Tests niederschwellig erreichbar sind. "Wir können nicht ewig im Lockdown bleiben, und man muss irgendwo die Grenze ziehen, wenn jemand Wohnzimmertests verweigert", sagt Prainsack. (Andreas Danzer, 19.5.2021)