"Alles Familie" lautet der Titel eines aktuellen Kinderbuches. Was bedeutet das eigentlich, und was folgt rechtlich aus dem Wort Familie? Vater, Mutter Kind. Die Waschmaschinenwerbung aus den 50er-Jahren spiegelt längst nicht mehr die Lebensrealität aller Familien wider. Patchwork heißt das Zauberwort. Jeder von uns ist entweder selbst von einer Patchwork-Konstellation betroffen oder kennt jemanden, bei dem das so ist. Das Phänomen von Patchwork und sozialer Elternschaft ist nicht neu. Man denke da an Schneewittchen und Aschenputtel, zugegeben nicht gerade leuchtende Beispiele. Soziale Elternschaft meint langfristige Übernahme von Verantwortung und Zuwendung für ein Kind, das biologisch nicht das eigene ist.

Neue Lebenssituationen sind nicht nur für Kinder eine Herausforderung. Auch von neuen Partnern und Partnerinnen sind Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft, sich einzulassen, gefordert. Geht man eine Ehe oder eine Lebens- und/oder Wohngemeinschaft mit einer Person ein, die ein (kleines) Kind hat, kann das auf Dauer und über Jahre zu neuen Familienbanden führen. Was aber, wenn die neue Beziehung nicht hält? Was bedeutet das für soziale Eltern? Für die Personen, die ein Kind vielleicht seit Jahren vom Kindergarten und der Schule abgeholt, ihm Schnorcheln beigebracht und es getröstet haben, wenn es hingefallen ist?

Kontaktrecht für Bezugspersonen

Die rechtliche Situation solcher "Dritter", wie es im Gesetz heißt, hat sich in den letzten Jahren gebessert. Es ist mittlerweile möglich, dass wichtige Bezugspersonen notfalls gerichtlich durchsetzen können, dass sie weiterhin Kontakt zum Kind haben dürfen. Unabhängig davon, ob sie biologisch verwandt sind oder nicht. Es reicht aus, dass die Aufrechterhaltung des Kontakts im Interesse des Kindes ist. Wenn der neue Partner oder die neue Partnerin vielleicht eine Art Elternersatzfunktion eingenommen hat, kann ein Kontaktabbruch für Kind(er) ein schmerzlicher Bruch sein. Die Bezugsperson muss jedoch dazu bereit sein, weiterhin eine Rolle im Leben des Kindes zu spielen. Zwangsverpflichten kann man dritte Personen nicht.

Hat eine Person zum Beispiel intensiven und innigen Kontakt mit dem Kind des oder der Partner/in gepflegt und geht die Beziehung in die Brüche, kann direkt bei Gericht ein Kontaktrecht (früher Besuchsrecht) beantragt werden. Vor allem dann, wenn es für das Kind wichtig wäre, dass der Kontakt nicht abreißt, und wenn eine einvernehmliche Lösung mit dem Ex-Partner, der Ex-Partnerin nicht möglich scheint.

Wichtige Bezugspersonen können unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis ein Kontaktrecht erwirken, wenn es zum Wohle des Kindes ist.
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Betroffen können nicht nur Stiefeltern beziehungsweise soziale Eltern sein. Denkbar sind auch Konstellationen, bei denen Pflegeeltern ein Recht auf Kontakt haben können, oder biologische Väter, deren Vaterschaft noch nicht festgestellt wurde.

Für das Wohl des Kindes

Es sind Einzelfallentscheidungen, die die Gerichte hier treffen müssen. In welchem Ausmaß Kontakte zugesprochen werden, hängt auch davon ab, wie innig und tief die Beziehung zum Kind ist. In den letzten Jahren haben Gerichte vor allem bei ehemaligen Partnern und Partnerinnen, die vor der Trennung eine elternähnliche Funktion für die Kinder gehabt hatten, die Aufrechterhaltung von (umfangreichem) Kontakt für sinnvoll befunden.

Klar ist, dass Kontaktrechte von sozialen Eltern, Stiefeltern oder "Dritten" zu den Rechten der leiblichen Eltern des Kindes auch in einem Spannungsverhältnis stehen. Das Wohl des Kindes rangiert an oberster Stelle. Nicht gewünscht ist, dass Ex-Partner oder Ex-Partnerinnen aus unlauteren Motiven Kontakt zum Kind instrumentalisieren. Wenn durch den Kontakt der Kinder zu früheren Partnern oder Partnerinnen der Eltern das Familienleben (sehr) gestört oder beeinträchtigt wird, werden Gerichte bei der Einräumung von Kontakten zurückhaltend sein – selbst wenn die Beziehung zwischen Kind und dritter Person innig ist. (Theresa Kamp, 25.5.2021)