Die vom Gesundheitsministerium geplante Novelle des Epidemie- und des Covid-Maßnahmengesetzes stößt auf weitere Kritik. Der Dachverband der Sozialversicherungsträger lehnt die geplante Sammlung von Sozialdaten von Bürgern und deren Corona-Statuts ab, Kritik kommt auch von der Elga GmbH und vom Gemeindebund.

Dachverband: "Können Sicherheit der Daten nicht mehr garantieren"

Der für die Übermittlung der Daten zuständige Dachverband begründet dies in seiner Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf damit, dass der Zweck, der Umfang sowie die Dauer der Datenverarbeitung im Gesetz nicht definiert ist.

"Abgelehnt wird jedenfalls eine Übermittlung von Daten der Versicherten der Sozialversicherungsträger auf Basis dieser Rechtsgrundlage. Die selbstverwaltete Sozialversicherung verarbeitet Gesundheitsdaten und andere hochsensible Daten im Auftrag ihrer Versicherten. Durch eine Übermittlung dieser Daten aus dem Verantwortungs- und Kontrollbereich der Sozialversicherung können die Sozialversicherungsträger und der Dachverband die Sicherheit dieser Daten nicht mehr garantieren", so der Dachverband in seiner Stellungnahme.

Elga weist auf Risiken hin

Auf die Risiken einer personenbezogenen Speicherung aller Daten in einem Register trotz Pseudonymisierung weist auch die Elga GmbH in ihrer Stellungnahme hin.

Man ist dort außerdem der Meinung, dass die Aufgabe der Führung eines zentralen Impfregisters verfassungsrechtlich nicht aus der Elektronischen Gesundheitsakte ausgegliedert werden darf, was ja mit dem geplanten Register der Fall wäre.

Ärztekammer

Auch die Ärztekammer lehnt "unnötiges Datensammeln" ab. "Es steht außer Frage, dass die Verknüpfung von Gesundheitsdaten Vorteile hat, wenn es etwa darum geht, neue Einsatzbereiche für Medikamente zu identifizieren. Die aktuellen Pläne des Gesundheitsministeriums gehen aber deutlich zu weit", kommentierte Präsident Thomas Szekeres den Gesetzesentwurf und weiter: "Diese Absicht steht im Widerspruch zu allem, was wir im Sinne des Schutzes unserer Privatsphäre erwarten können."

Gemeindebund wurde nicht informiert

Kritisch zu diesen Plänen äußert sich auch der Gemeindebund. Er ortet ebenfalls datenschutzrechtliche Probleme und kritisiert, nicht eingebunden worden zu sein, obwohl auch die Gemeinden für die Zurverfügungstellung der Zutrittszertifikate zuständig sein sollen.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Gemeinden bisher gar nicht über den Prozess informiert wurden, "dieser Prozess aber bereits spätestens am 4. Juni 2021, sohin in knapp zwei Wochen funktionieren soll, fordern wir eindringlich, dass die Zurverfügungstellung der Zertifikate durch Gemeinden nicht der Regelfall, sondern der Ausnahmefall wird und auch als Ausnahmefall kommuniziert wird (wenn anderweitig – Apotheke, Arzt, Impfstellen und Teststraßen – ein Zertifikat nicht beigeschafft werden kann)", fordert der Gemeindebund

Umfassende Datenbank

In der Novelle des Epidemie- und des Covid-Maßnahmengesetzes, mit der der grüne Pass umgesetzt wird, ist eine großangelegte Sammlung von Daten fast aller Bürger vorgesehen. Konkret soll ein Register entstehen, in dem Covid-19-Erkrankte und Geimpfte zusammengeführt werden und mit ihren Daten über das Erwerbsleben, das Einkommen, etwaige Arbeitslosigkeiten, den Bildungsweg, Reha-Aufenthalte und Krankenstände verknüpft werden. Zudem soll der Gesundheitsminister ermächtigt werden, per Verordnung weitere Daten aus allen Ministerien anzufordern und anzulegen.

Am Mittwoch hat nach einer Woche die Begutachtungsfrist für die entsprechende Gesetzesvorlage geendet. Diesen Zeitpunkt nahm die Datenschutz-NGO Epicenter Works zum Anlass, auf diverse Datenschutzmängel hinzuweisen. Das Gesundheitsministerium argumentiert, dass die Verknüpfung der Daten der Bekämpfung der Pandemie dienen soll.

Kritik aus der Opposition

Neben den Datenschützern und den genannten Institutionen hat das Vorhaben auch für Kritik aus der Opposition gesorgt. Bereits am Mittwoch hatten Neos und FPÖ das Vorhaben stark kritisiert und Datenschutz-Bedenken geäußert. Der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz wiederholte seine Kritik am Donnerstag: "Wie schlecht die Novelle des Epidemie- und Maßnahmengesetzes ist, merkt man schon daran, dass alle relevanten Stellen sich gegen diese beabsichtigte Datensammlung auflehnen," teilt er via Aussendung mit.

Ebenso erneuerte Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker am Donnerstag seine Kritik, mit Verweis auf die Kritik durch die eingangs erwähnten Institutionen: "Wir brauchen dringend eine datensichere Lösung, bei der die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die persönlichen Daten gegeben ist", sagt er in einer Aussendung: "Das, was hier allerdings von Gesundheitsminister Mückstein geplant ist, ist ein Datenschutz-Desaster."

Gesundheitsminister Mückstein müsse auf die Kritik reagieren und den grünen Pass neu aufstellen. Zugleich ist es laut Loacker möglich, einen Datenzugang für die Forschung mit Berücksichtigung des Datenschutzes zu schaffen: "Das wäre nicht nur notwendig, sondern auch sinnvoll. Daten über Tests oder Impfungen gehören aber nicht in das EMS, auf das unzählige Einheiten problemlos zugreifen können. Sie sind, wie bisher, gut in Elga aufgehoben."

Hacker

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) äußerte sich im Rahmen der Impf-Pressekonferenz prinzipiell lobend zum Grünen Pass: "Ich bin ein totaler Befürworter der Digitalisierung des Gesundheitswesens." Aber gerade Gesundheitsdaten seien besonders zu schützen. "Darum wäre es sinnvoll, die Datenverschneidung in ELGA zu belassen", befand auch Hacker. Er führte unter anderem ins Treffen, dass an dem System Bund, Länder und Sozialversicherung zu jeweils einem Drittel beteiligt seien. Die Gefahr von Missbrauch würde dadurch reduziert. (APA, red, 20.5.2021)

Update: Stimmen aus der Opposition wurden nachträglich im Artikel ergänzt.