Bei drei Antigentestanbietern sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen, heißt es vom Land Tirol.

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Innsbruck – In Tirol sorgen Ungereimtheiten bei Testanbietern nun für weitere Konsequenzen. Am Donnerstag gab die Staatsanwaltschaft Innsbruck bekannt, dass sie den Fall der HG Labtruck an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) abtritt. Nach Medienberichten, unter anderem im STANDARD, hatte die Staatsanwaltschaft geprüft, ob sich ein Anfangsverdacht für weitere Ermittlungen ergibt. Angesichts des Auftragsvolumens von mehr als acht Millionen Euro wurde der Fall an die WKStA abgetreten, die nun prüfen soll, ob der Anfangsverdacht des schweren Betruges begründet ist.

Für die weiteren Recherchen zum Fall HG Labtruck bündeln der STANDARD und der ORF Tirol ab sofort ihre Ressourcen und arbeiten zusammen. Es geht bei der Causa um die Vergabe des bislang größten Auftrags für PCR-Tests durch das Land Tirol. Dieses hat im September 2020 den Vertrag der damals noch in Gründung befindlichen HG Labtruck des Urologen Ralf Herwig zuerkannt. Sein Angebot, das von Kitzbüheler Eventmanagern an das Land herangetragen wurde, fußte auf zwei Bausteinen: mobilen Testlaboren, die in ganz Tirol schnell und vor Ort PCR-Tests durchführen können; und einer EDV-Lösung, die eine schnelle und einfache Datenverarbeitung garantiert.

Partner haben Zusammenarbeit längst eingestellt

Für beide Leistungen hatte Herwig zwei Partnerunternehmen bei Vertragsabschluss genannt: die Salzburger Procomcure, die ihn mit den Gerätschaften und Materialien für die mobilen Testungen versorgen sollte, sowie die steirische Vitavo, die die EDV-Lösung bereitstellen sollte. Procomcure hat nach eigenen Angaben die Zusammenarbeit mit der HG Labtruck im November 2020 eingestellt, wegen ausgebliebener Zahlungen. Vitavo erklärt auf Anfrage, sie "musste die Zusammenarbeit mit HG Pharma (Mutterunternehmen der HG Labtruck, Anm.) im Mai beenden". Auch dort sei es zu finanziellen Schwierigkeiten gekommen.

Unklar ist auch, welcher Labormediziner die mehr als 230.000 PCR-Tests der HG Labtruck in Tirol befundet hat. Der vom Unternehmen und dem Land Tirol genannte Augsburger Labormediziner erklärte bereits mehrmals auf Nachfrage, dass er sich zwar in Österreich als solcher registrieren ließ mit der Absicht, für die HG Labtruck zu arbeiten. Allerdings kam es nie zu einer Zusammenarbeit. Er habe nie einen einzigen Befund aus Tirol gesehen oder irgendeine Arbeitsleistung für die HG Labtruck erbracht. Es steht daher der Verdacht im Raum, dass der Name des deutschen Mediziners nur benutzt wurde. Der Betroffene – sein Name ist der Redaktion bekannt – fühlt sich mittlerweile durch die Causa diskreditiert, wie er sagt: "In Deutschland wäre das längst ein Fall für die Staatsanwaltschaft."

Am Donnerstagabend soll sich Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) erstmals zur Causa im Landtag äußern. Die Liste-Fritz-Obfrau Andrea Haselwanter-Schneider, die den Fall im April ins Rollen gebracht hat, hat dazu nun eine dringliche Anfrage an Platter gestellt, die er Donnerstagabend beantworten soll.

Teststraßen des "Ärztezentrums" bleiben geschlossen

Auch bei den Antigentests gibt es in Tirol Ungereimtheiten. Nach Bekanntwerden von teilweise nicht korrekt durchgeführten Schnelltests durch private Anbieter hat das Land erste Konsequenzen gezogen. Die Ärztezentrums Betriebs GmbH musste ihre Teststationen bereits mit Betriebsschluss am Dienstagabend schließen.

"Nach derzeitigem Kenntnisstand war das dortige Personal zwar befugt, die Abstriche und Testungen durchzuführen und zu bestätigten. Allerdings erfüllt dieser Testanbieter nicht die organisatorischen Voraussetzungen, um die Tests mit dem Land Tirol abrechnen zu können", hieß es vom Land. Der Anbieter sei umgehend informiert worden, dass die Teststationen geschlossen bleiben müssen bzw. eine Abrechnung mit dem Land nicht mehr möglich sei. Auch in zwei weiteren Fällen werde derzeit erhoben, ob die Teststationen befugt sind, Antigentests durchzuführen.

Wartezeit nicht eingehalten

Auf diese zwei weiteren Teststationen war man im Zuge der von Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) vergangene Woche angekündigten Schwerpunktkontrollen gestoßen, hieß es. Rund 30 Kontrollen seien seither durchgeführt worden. "Die gute Nachricht ist, dass es beim Großteil der Antigentestanbieter keine Auffälligkeiten und keine Beanstandungen gegeben hat", erklärte Leja. In drei Fällen sei es jedoch zu Unregelmäßigkeiten gekommen.

Ins Rollen gebracht hatte den Fall der Blogger Markus Wilhelm auf seiner Seite dietiwag.org. Er hatte davon berichtet, dass man an einigen Teststandorten des Anbieters nicht die vorgeschriebene Wartezeit von 15 Minuten eingehalten habe. Teilweise bekam man das Ergebnis bereits nach zwei, drei Minuten, in einem Fall sogar schon nach 72 Sekunden, hatte Wilhelm geschrieben. (Steffen Arora, APA, 20.5.2021)