Craig Federighi bei der Vorstellung einer neuen Generation eines Betriebssystems mit "inakzeptablen Malware-Problemen".

Foto: Apple

Eines muss man Epic Games lassen: Das von dem Spielehersteller angestrengte Verfahren gegen Apple bietet nicht nur einen interessanten Blick hinter die Kulissen der App-Store-Welt, es hat auch jede Menge Unterhaltungswert. Im Bestreben, die eigene Position im Verfahren zu stärken, fällt dabei nämlich so manche Aussage, die sonst wohl kaum öffentlich zu hören gewesen wäre.

Auftritt: Federighi

Apples Softwarechef Craig Federighi hatte bei seiner Zeugenaussage im Verfahren gegen Epic Games genau eine Aufgabe: Den "goldenen Käfig" rund um das iPhone mit allen Mitteln zu verteidigen. Also ganz konkret klar zu machen, wie wichtig es aus einer Sicherheitssicht sei, dass Apple die alleinige Kontrolle über die Plattform innehat. Eine Argumentation, die die Anwälte von Epic Games allerdings schon öfter gehört haben, daher folgte die logische Anschlussfrage: Nämlich ob Federighi damit sagen wolle, dass Apples eigenes macOS eine unsichere Plattform sei. Immerhin ist es auch dort möglich, Software abseits von Apples App Store zu installieren. Ein berechenbarer Ablauf also – zumindest bis zur Reaktion des Top-Managers von Apple.

Der gefährliche Mac

"Wir haben heute am Mac ein Malware-Problem in einem inakzeptablen Ausmaß", gab Federighi laut einem Bericht von The Verge zu Protokoll. Die Smartphone-Plattform iOS habe das Sicherheitsniveau für Betriebssysteme deutlich angehoben, ein Niveau, das man derzeit am Mac nicht erreiche. Wäre das iPhone ähnlich offen, würde es sofort "von Schadsoftware überlaufen" werden, zeigt sich Apples Softwarechef überzeugt.

Es folgte der Hinweis der Richterin, dass gerade erst ein Experte ausgesagt habe, dass es in Hinblick auf die Sicherheit keinen relevanten Unterschied zwischen dem – offeneren – Android und iOS gebe. Dem widersprach Federighi allerdings nachdrücklich. Die Sicherheits-Community sei sich einig, dass Android ein Malware-Problem habe. Hinweise des gegnerischen Anwalts, dass es zahlreiche Belege gebe, dass es auch am iPhone immer wieder Schadsoftware in den App Store schafft, tat der Manager hingegen ab.

Von Autos und Kindern

Stattdessen bemühte Federighi einen Vergleich: MacOS sei wie ein Auto, bei dem man vorher lernen müsse, es sicher fahren zu können. Mit iOS habe man hingegen etwas erschaffen, das selbst von Kleinkindern sicher benutzt werden könne. Wenn man sehr vorsichtig sei, könne man natürlich auch macOS sicher betreiben, zeigte sich Federighi auf Nachfrage zwar überzeugt. Er habe aber selbst Familienmitglieder, die sich am Mac Schadsoftware eingefangen haben.

Wohlgeplant

All das wirft natürlich die Frage auf, wie es zu diesen Aussagen kommen kann. Immerhin ist es eher ungewöhnlich, dass der Verantwortliche die eigene Software öffentlich schlechtmacht. Zumal solche Aussagen üblicherweise sehr genau strategisch vorbereitet werden. Dass sich der Manager einfach verplaudert hat, erscheint also nur wenig wahrscheinlich.

Einerseits lassen sich diese Aussagen sicher mit den naheliegenden Interessen im laufenden Verfahren argumentieren. Immerhin geht es hier darum, mit allen Mitteln das – finanziell für Apple äußerst einträgliche – Modell zu verteidigen. Allerdings wirft die Formulierung, dass macOS ein inakzeptables Problem mit Malware hat, logischerweise die Frage auf, was der Hersteller dagegen zu tun gedenkt. Insofern ist es nicht ausgeschlossen, dass Federighi auf diesem Weg auch gleich indirekt kommende Sicherheitsverschärfungen rund um macOS andeutet. Ob das bei Mac-Nutzern gut ankommt, ist dann noch einmal eine ganz andere Frage. (apo, 20.5.2021)