2004 verfolgten die Zielradare von US-Kampfflugzeugen ein offenbar unbekanntes Flugobjekt in einer militärischen Flugverbotszone vor San Diego. Das Militär sucht nach Antworten – und zwar bis heute.

Foto: EPA/ Department of Defense

In den USA wird wieder über Außerirdische diskutiert. Nicht von Verschwörungstheoretikern und auch nicht auf obskuren Seiten, auf denen sich Ufo-Freunde tummeln, sondern ganz offiziell und in den höchsten Kreisen des Parlaments. Bis Juni soll ein Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses klären, was bisher unerklärt blieb – nämlich was genau auf Videos zu sehen ist, die Pilotinnen und Piloten der US Air Force im Jahr 2004 und dann noch einmal 2014 und 2015 gefilmt haben.

Sogar Ex-Präsident Barack Obama schaltete sich jüngst in die Diskussion ein. Zunächst eher im Scherz, immerhin war er gerade in der "Late Night Show" von Comedian James Corden zu Gast. Dann aber doch auch ernst. Auch er müsse einräumen, sagte der nüchterne frühere Staatschef: Was auf den Bildern, die Infrarot-Wärmekameras aufgezeichnet hatten, zu sehen ist – dafür habe weder das Militär noch die damit befasste Wissenschaft so wirklich eine schlüssige Erklärung.

Merkwürdige Objekte

Kleine grüne Männchen sind es zwar nicht, die damals gefunden wurden. Dafür sind es merkwürdige Flugobjekte, mit denen die Militärs konfrontiert waren. Radarstationen hatten sie im Fall jenes Ereignisses, das sich 2004 in einer militärischen Flugverbotszone vor San Diego abspielte, zunächst aufgezeichnet, und sie hatten die Flugbahnen und raschen Höhen- und Geschwindigkeitsänderungen nicht erklären können. Unter anderem waren die Objekte innerhalb einer Sekunde aus einer Höhe von rund 24 Kilometern auf Meeresniveau abgesunken. Später stiegen US-Flugzeuge auf. Und deren Crews meldeten: Ja, man könne auch mit freiem Auge Merkwürdiges sehen, gekräuseltes Wasser in der Größe eines Verkehrsflugzeuges etwa – und ein schwebendes Objekt in Form eines weißen Tic-Tac-Zuckerls, das sich ruckartig um die eigene Achse bewege. Später ist genau dieses Objekt auch auf Videos zu sehen. Ähnliche Aufnahmen gibt es, ebenfalls vom US-Militär, auch aus den Jahren 2014 und 2015. Veröffentlicht hatte sie die "New York Times" schon 2017 und noch einmal im Jahr 2019. Doch nun ist das Thema wieder aktueller geworden – eben auch, weil das Ergebnis von Untersuchungen im Juni publik werden soll.

The Late Late Show with James Corden

Die angesehene US-Nachrichtensendung "60 Minutes" hat im Vorfeld dieses Ereignisses schon vor einigen Tagen die Crews der Flugzeuge erneut eingeladen, die die Vorfälle bestätigten. Eine Prüfung habe damals kein tragfähiges Ergebnis erbracht. Bekannte Flugzeuge der USA oder anderer Staaten würden das Profil jedenfalls nicht erfüllen. Und technische Fehler an den Infrarotkameras, Bugs bei der Aufzeichnung und Verwechslungen seien ebenfalls keine plausiblen Alternativerklärungen. Kurz gesagt: Was man damals gesehen habe, was auch auf den Videos aufgezeichnet sei – man wisse es noch immer nicht.

Zusätzlich publik wurden vor einigen Tagen auch Fotos, deren Echtheit das Pentagon bestätigte und auf denen die Plattform Mystery Wire, die sich auf allerhand Übersinnliches spezialisiert hat, ebenfalls Ufos erkannt haben will. Die Bilder aber bieten einige Interpretationsmöglichkeiten und womöglich einfachere Erklärungen als die Videos – darunter auch jene, dass es sich um schlichte Flecken oder Frostspuren auf den Kampfjetfenstern handelt.

Klar ist allerdings dennoch: Sowohl das Militär als auch die US-Regierung würden gerne wissen, was tatsächlich im Luftraum um die Vereinigten Staaten herumschwebt. Zwischen 2008 und 2012 hatte es ein Programm zur Untersuchung gegeben, dessen Einsetzung der damalige demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, angeregt hatte. Der Name "Advanced Aerospace Threat Identification Program" (Fortgeschrittenes Programm zur Feststellung luftgestützter Bedrohungen) lässt erahnen, was auch dahintersteckt: die Frage nach unbekannten Waffensystemen.

60 Minutes

Bericht im Juni

Das Programm lief 2012 aus, das Interesse aber bestand weiter. Und so setzte die Regierung Donald Trumps im Sommer 2020 auf Geheiß des Geheimdienstausschusses im Senat eine weitere Arbeitsgruppe ein: die "Unidentified Aerial Phenomena Task Force" (UAPTF). Zudem forderte die Regierung den damaligen Geheimdienstkoordinator John Ratcliffe auf, gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium einen Bericht zu verfassen. Dieser muss veröffentlicht werden – und das wird nun wohl im Juni passieren.

Ratcliffe kündigte schon im März Großes an: "Es gibt sehr viel mehr Beobachtungen, als bisher bekannt ist", sagte er auf Fox News. Dazu passt auch, dass die gemeldeten Ufo-Sichtungen durch die US-Bevölkerung 2020 sprunghaft gestiegen sind. Experten gehen in diesem Fall zwar eher davon aus, dass sich die Beobachtungen durch das Mehr an Heimfreizeit im Corona-Lockdown erklären – aber wer weiß. Die Wahrheit ist bekanntlich irgendwo da draußen. (Manuel Escher, 20.5.2021)