Bewährtes und Neues: Intendant des Musikvereins – Stephan Pauly.

Wolf-Dieter Grabner

Wie das so wird im Herbst, kann und will der neue Chef des Wiener Musikvereins nicht sagen. Dennoch geht Stephan Pauly in die nächste, seine erste Saison mit einem "Vollprogramm" als Angebot und dabei mit der Hoffnung auf Vollauslastung. Diese Richtung hätten "fast alle großen Häuser in Europa eingeschlagen", so der Deutsche.

Sollte es Corona-bedingt wieder zu Einschränkungen kommen, hätte man sich längst Flexibilität antrainiert und könnte Ersatzprogramme ebenso bieten wie eine Rückerstattung der Kartenpreise. "Abos können sorgenfrei gekauft werden", so der Intendant.

Eine "gute Balance zwischen der Fortführung der Tradition dieses Hauses und neuen markanten, stark kuratierten Reihen" will Intendant Stephan Pauly in seiner ersten vollverantworteten Saison 2021/22 im Wiener Musikverein bieten. 72 Abonnements mit vielen bekannten Namen werden aufgelegt, dazu gibt es Novitäten wie Künstlerporträts, Mini-Festivals mit anderen Kunstsparten und eine Kooperation mit der Brunnenpassage.

Viele Orchester

Bei den Abonnements, "das Herz dieser Institution", sind die Wiener Philharmoniker wieder gewohnt stark vertreten. Eigene Zyklen spielen u.a. das RSO, der Concentus Musicus, die Wiener Symphoniker oder das Orchester Wiener Akademie. Am Dirigentenpult stehen etwa Daniel Barenboim, Riccardo Muti oder Christian Thielemann. In Summe stehen 2021/22 19 Uraufführungen – darunter Olga Neuwirth, Georg Friedrich Haas, Beat Furrer und Elisabeth Harnik – und 18 Österreichische Erstaufführungen am Spielplan. Begegnungen zwischen Publikum und Künstlerinnen und Künstlern sollen gefördert werden, beispielsweise durch das Gesprächsformat "Auf ein Glas mit ..." im Anschluss an die Auftritte.

Großen Wert legte Pauly bei der Programmvorstellung auf die neuen Schwerpunkte, die teils in die Abos eingebunden sind. Dazu gehört die Reihe "Künstlerporträts", im Zuge derer etwa Pianist Sir Andras Schiff, die Dirigentinnen Joana Mallwitz und Mirga Grazinyte-Tyla, Sänger Christian Gerhaher und die Berliner Philharmoniker eigene Programme erarbeitet haben. "Komponisten im Fokus" wiederum rückt – nomen est omen – das Schaffen einzelner Notensetzer ins Zentrum.

Strauss als Schwerpunkt

Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin gestalten eine Schiene mit Schumann- und Brahms-Symphonien, Andris Nelsons mit dem Gewandhausorchester Leipzig und dem Boston Symphony Orchestra ein Richard-Strauss-Projekt und Leif Ove Andsnes mit dem Mahler Chamber Orchestra widmet sich dem Wiener Mozart der Jahre 1785/86. Darüber hinaus gibt es unter dem Titel "Grenzgänge" einen eigenen Tschechien-Fokus mit rund 20 Konzerten.

Grenzensprengend in Bezug auf Genres will Pauly mit den neuen "Musikverein Perspektiven": Jeweils vier Tage lang soll Musik in den Kontext mit anderen Kunstformen gestellt werden. Für die ersten beiden Ausgaben hat der Intendant den renommierten österreichischen Filmemacher Michael Haneke und den deutschen Maler Georg Baselitz gewinnen können. Filmvorführungen mit speziell dazu kuratiertem Musikprogramm oder eine Musikinstallation in der Albertina in einem eigenen Baselitz-Raum wurden in Aussicht gestellt.

Spezielles Angebot

Neben der Fortführung des Kinder- und Jugendprogramms, das ebenfalls mit einigen Novitäten wie einem speziellen Angebot für Unter-Dreijährige aufwartet, will Pauly sein Haus auch Menschen schmackhaft machen, die man bisher (noch) nicht erreicht hat. Deshalb arbeitet der Musikverein erstmals mit der Brunnenpassage zusammen. Herzstück wird das Projekt "Wiener Stimmen" sein, das im Juni 2022 im Goldenen Saal über die Bühne gehen wird und ein vielsprachiger Auftritt mit Gesangstalenten diverser Genres und dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich werden soll.

Was die demnächst endende (Corona-)Saison betrifft, wollte sich der Intendant noch nicht über die Auswirkungen auf sein eigenes Haus äußern. Dafür sei es noch zu früh. Nur soviel: Natürlich habe die Pandemie im gesamten Kulturbereich massive Schäden angerichtet. "Wir haben Hilfe in Anspruch genommen, aber das kann den Schaden nicht abdecken", so Pauly.

(APA,212021)