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Die weltweit größte Pornografieplattform Pornhub geriet Ende letzten Jahres wegen ihres Umgangs mit Missbrauchsinhalten in massive Kritik. Infolgedessen stellten Visa und Mastercard die Zahlungen ein, die Plattform löschte rund zehn Millionen Videos. Offen blieb jedoch die Frage, wer eigentlich Drahtzieher des milliardenschweren Mutterkonzerns Mindgeek ist. Darauf wollen jetzt "Dossier" und das britische Onlinemagazin "Tortoise Media" eine Antwort gefunden haben: Laut deren Recherchen führen die Spuren nämlich zu einem Oberösterreicher namens Bernd Bergmair.

Den Anstoß für die Untersuchungen gab ein Bericht der "New York Times", der aufwarf, dass die Suche nach Inhalten, die Minderjährige zeigen, hunderttausende Ergebnisse liefern würden. Es sei unmöglich, festzustellen, ob gezeigte Personen zwischen 14 oder 18 Jahren alt sind. Pornhub könne also selbst nicht wissen, ob Inhalte wirklich legal sind oder nicht.

Schon zuvor forderte die Initiative Traffickinghub mit einer Petition die Zerschlagung der Plattform, weil sie von Missbrauch profitiere und diesen aktiv ermögliche. Als Beispiel nennt sie etwa den Fall einer 14-Jährigen, die entführt und vergewaltigt wurde.

Verzweigtes Firmennetzwerk

Anhaltspunkt für die Recherchen von "Tortoise Media" war die Befragung von Mindgeek-Managern vor der kanadischen Ethikkommission im Februar diesen Jahres. David Marmorstein Tassilo (COO von Mindgeek Kanada) und Feras Antoon (CEO von Mindgeek Kanada) wurden in einer 75 Minuten langen Sitzung nämlich unter anderem zu den Einnahmen des Unternehmens, den genauen Löschregeln und zur genauen Anzahl der Tochterunternehmen befragt. Im Rahmen dessen nannten diese den Namen des mutmaßlichen Mehrheitseigentümers: Bernard Bergemar – oder in deutscher Aussprache Bernd Bergmair.

Der Name führte die Journalisten erst zu seinem Wohnsitz in London, dann nach Österreich, in die oberösterreichische Kleinstadt Ansfelden. Dort wuchs Bergmair, Jahrgang 1968, auf und besuchte nach einem Abschluss am Gymnasium die Landwirtschaftsschule, berichtet "Dossier". Schon als junger Mann habe er außerdem als Unternehmensberater bei McKinsey gearbeitet und war bei der Investmentfirma Goldman Sachs in New York City Partner.

Finanzspritze für Redtube

Im Kontext der Porno-Industrie wird der Oberösterreicher laut den Berichterstattern erstmals als Finanzier der in Wien ansässigen und 2006 gestarteten Pornowebseite Redtube auffällig. In einem damaligen Gerichtsverfahren wird er unter dem falschen Namen "Bernard Bergemar" offenbar als "Executive Officer" der Mutterfirma von Redtube genannt. Seine Anteile verkaufte er schlussendlich 2013 an Manwin – eine Firma, die heute als Mindgeek bekannt ist.

Bergmairs Imperium soll ihm bis heute ein Vermögen von knapp 1,4 Milliarden Euro beschert haben, schätzt die britische "Sunday Times". Das Geld investierte er laut "Dossier"-Recherchen unter anderem in Grundbesitz in Österreich. Laut Unterlagen, die den Reportern vorliegen, besitzt er 103 Hektar Land. Darunter sowohl landwirtschaftliche Flächen, Wälder als auch mehrere Häuser.

Sein eigener Name taucht jedoch auch hier nie offiziell auf. In den Eintragungen findet man stattdessen die Briefkastenfirma Pontarelli Holding S.A. mit Sitz auf den British Virgin Islands. Diese gehört wiederum der Online Incorporations Ltd, die auf dem Papier zwei Männern gehören soll, die aus den Offshore Leaks (Eine Recherche des ICIJ) als Strohmänner bekannt sind. Den wahren Eigentümer, Bernd Bergmair, fand "Dossier" schlussendlich in einem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Linz-Land.

Drahtzieher oder Teil des Systems?

Weder Mindgeek noch Bergmaier selbst reagierten auf Anfragen der Berichterstatter. Zudem wird im Bericht die Frage aufgeworfen, ob Bergmair tatsächlich Drahtzieher ist, oder lediglich "ein großes Rädchen in der Welt der Pornoseiten". Die Recherchen veröffentlichte "Tortoise Media" außerdem auch als Podcast mit dem Namen Jagd auf den Pornokönig. Eine STANDARD-Anfrage an Mindgeek und Pornhub läuft derzeit. (mick, 24.5.2021)