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In Peru ist die Stimmung wegen der bevorstehenden Präsidentschaftswahl aufgeheizt.

Foto: REUTERS / SEBASTIAN CASTANEDA

Lima – Zwei Wochen vor der Präsidentenwahl in Peru haben mutmaßliche Rebellen 16 Menschen getötet. Unter den Opfern des Massakers in einer Bar im Dorf San Miguel del Ene in einer von Drogenanbau geprägten Unruheregion seien auch zwei Kinder, teilte das Verteidigungsministerium in der Nacht auf Dienstag mit. Die Leichen der Minderjährigen und vier weiterer Opfer seien verbrannt worden.

Militär verdächtigt "Leuchtenden Pfad"

Hinter dem Angriff steckt nach Einschätzung des Militärs die Guerillaorganisation Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad). In einem am Tatort zurückgelassenen Bekennerschreiben riefen die Täter dazu auf, bei der Präsidentenwahl am 6. Juni nicht für die Rechtspopulistin Keiko Fujimori zu stimmen.

Trotz des Angriffs versprach Verteidigungsministerin Nuria Esparch sichere Wahlen. "Seid versichert: Die nächste Wahl wird sicher ablaufen", sagte sie dem Radiosender Exitosa. Fujimori verurteilte das Massaker. "Ich bedauere, dass es in unserem Land wieder zu blutigen Gewalttaten kommt. Die Terrorgruppen wollen uns lähmen und Angst säen – das werden wir nicht zulassen", sagte sie. "Ich spreche den Familien der Opfer mein Beileid aus und unterstütze die Polizei und die Streitkräfte. Wir müssen unser Vaterland verteidigen und am 6. Juni zur Wahl gehen."

Politische Extreme stehen einander gegenüber

Bei der Stichwahl in zwei Wochen kommt es zu einem Schlagabtausch der politischen Extreme: Die Tochter des autoritären Ex-Präsidenten Alberto Fujimori (1990–2000) tritt gegen den Sozialisten Pedro Castillo an. Der ehemalige Lehrer von der marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre will im Fall eines Wahlsiegs einen sozialistischen Staat aufbauen, die Medien stärker kontrollieren und das Verfassungsgericht abschaffen.

Fujimori warb im Wahlkampf für ein System, das demokratische Modelle mit einer Politik der harten Hand vereint. Ihr Vater Alberto verbüßt wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen eine 25-jährige Haftstrafe. In seiner Amtszeit ließ er im Kampf gegen den Leuchtenden Pfad seine Sicherheitskräfte rigoros gegen linke und angeblich subversive Kräfte vorgehen, das Parlament wurde entmachtet. Zudem wurden zehntausende indigene Frauen zwangssterilisiert. Im Fall eines Wahlsiegs will Keiko Fujimori ihren Vater begnadigen.

Übergangspräsident verurteilt die Tat

Übergangspräsident Francisco Sagasti verurteilte die Tat. "Ich habe einen Einsatz der Streitkräfte und der Polizei in der Region angeordnet. Dieser Terrorakt darf nicht ungesühnt bleiben", schrieb der Staatschef auf Twitter. "Im Namen der Übergangsregierung versichere ich den Familien der Opfer mein Beileid."

Die Tat ereignete sich in den Tälern der Flüsse Apurímac, Ene und Mantaro (Vraem). In der Region ist der Leuchtende Pfad sehr aktiv, staatliche Institutionen sind hingegen nur schwach vertreten. Das Gebiet ist ein wichtiges Anbaugebiet für die Kokapflanze. Neben Kolumbien und Bolivien ist Peru der größte Kokainproduzent der Welt.

70.000 Tote in der Vergangenheit bei Kämpfen

"Es gibt viele Gründe, warum die Überreste des Leuchtenden Pfads in der Vraem bleiben. Es ist ein Krebsgeschwür, das die Gesellschaft auffrisst", sagte Verteidigungsministerin Esparch. "Wir haben einen langfristigen Aktionsplan aufgelegt, um dem ein Ende zu setzen. Die guten Peruaner werden siegen."

Bei Auseinandersetzungen zwischen dem Leuchtenden Pfad und staatlichen Sicherheitskräften waren zwischen 1980 und 2000 fast 70.000 Menschen gestorben. Im Gegensatz zu vielen anderen Bürgerkriegen in der Region war in Peru die Guerilla für einen Großteil der Toten verantwortlich. Heute widmen sich die verbliebenen Einheiten des Leuchtenden Pfads vor allem dem Drogenhandel. (APA, 25.5.2021)