Nein, bei Wolfgang Mückstein und den Grünen kennt man sich nicht aus. Zuerst erhielt Kanzler Sebastian Kurz eine scharfe Rüge des Gesundheitsministers, weil er frühzeitig über weitere Öffnungsschritte schwadronierte, Stichwort "Luftschlösser". Unverantwortlich und entbehrlich sei das, vielen Menschen war das auch einsichtig. Die Grünen und ihre Sympathisanten feierten darüber hinaus schon die scharfe Abgrenzung und die deutlichen Worte "ihres" Ministers, der endlich einmal den türkisen Kanzler in die Schranken wies. Mutig und längst überfällig, so dachten viele. Funktionäre sprachen das auch aus: Viel besser sei das als die Linie von Vorgänger Rudolf Anschober, der zu sehr auf Konsens und Harmonie setzte und dabei nicht merkte, wie er vom Koalitionspartner über den Tisch gezogen wurde.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein beschädigt sich selbst, wenn er sich binnen kurzer Zeit vom rebellischen Widerpart des Kanzlers zu dessen willfährigem Erfüllungsgehilfen wandelt.
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Dann plötzlich Mücksteins Kehrtwende: Jetzt will er Kurz noch übertrumpfen und eine Woche vor diesem massive Lockerungsschritte setzen. Inhaltlich ergibt das überhaupt keinen Sinn: Nach seiner Rüge für den Kanzler gibt Mückstein diesem plötzlich in allem recht und ist sogar noch eifriger, was die Lockerungen betrifft. Warum musste man diesen Streit überhaupt vom Zaun brechen, der die Innenpolitik jetzt das verlängerte Wochenende lang beschäftigt hat?

Sollten die Grünen das strategisch angelegt haben, um die Kommunikation des Kanzlers zu stören und die Themensetzung zu durchkreuzen, dann haben sie sich verspekuliert. Erstens kann das die ÖVP besser. In der Sabotage des Koalitionspartners sind sie Meister. Zweitens fällt das schlechte Bild, das die Regierung hier abgibt, auch ganz massiv auf die Grünen zurück. Streiten nur um des Streitens willen, das mag gar niemand. Und drittens beschädigt sich Mückstein selbst, wenn er sich binnen kurzer Zeit vom rebellischen Widerpart des Kanzlers zu dessen willfährigem Erfüllungsgehilfen wandelt. Dass sich der Kanzler an keine Abmachungen hält, wird nicht besser dadurch, dass man ihm die Absurdität dieses Vorhabens durch eigene Disziplinlosigkeit vorhält. So wird man Kurz nicht disziplinieren.

Jetzt kann man rätseln, ob sich die Grünen mit einer sehr kompliziert angelegten Kommunikationsstrategie selbst überdribbelt haben oder ob Mückstein einfach nicht nachgedacht hat. Der Glaubwürdigkeit der (grünen) Politik schadet das in jedem Fall. Nutznießer ist die ÖVP: Das Ablenkungsmanöver von den türkisen Malversationen und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist geglückt – dank grüner Unterstützung. (Michael Völker, 25.5.2021)