WKStA-Oberstaatsanwalt Matthias Purkart war zum zweiten Mal in den U-Ausschuss geladen

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Zum ersten Mal seit der Mahnung des Bundespräsidenten trat am Dienstag der Ibiza-Untersuchungsausschuss zusammen. Van der Bellen hatte ja vorige Woche in einer Videobotschaft zum einen Respekt vor dem Ausschuss, zum anderen einen verträglichen Tonfall bei den Befragungen eingemahnt.

Von einem Effekt war wenig zu spüren: Schon vor den Befragungen thematisierte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger erneut das "Chips-Essen" seines roten Pendants Jan Krainer und stellte die Ladung von Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper in den Raum. Diese lud wiederum den Bundespräsidenten ein, sich selbst ein Bild von Hangers Stil zu machen. Knapp acht Stunden später war man bei Ausrufen wie "Was soll der Schas" angelangt; so reagierte David Stögmüller (Grüne) auf Vorwürfe von Hanger in Richtung Krisper.

"Störfeuer" bei der WKStA

Inhaltlich ging es am Dienstag um die Arbeit der Ermittler. Der IT-Experte Matthias Purkart von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erklärte den Abgeordneten, dass die Tätigkeit seiner Einheit "Störfeuern" ausgesetzt sei. Aktuelles Beispiel: Eine Prüfung der Dienstaufsicht rund um die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dem ja Falschaussage vor dem U-Ausschuss vorgeworfen wird – er bestreitet die Vorwürfe.

Der WKStA wird dabei vorgeworfen, dass nicht einsichtig sei, warum anderen Beschuldigten Einsicht in die Verständigung gewährt worden sei, erklärte Purkart – das Schreiben liegt dem STANDARD vor. Dabei habe man die Verständigung an die Beteiligten 27-mal immer gleich gemacht und hunderte Male Akteneinsicht gewährt, argumentiert der Staatsanwalt. Warum das Vorgehen nun beim 28. Mal, beim Kanzler, infrage gestellt werde, dazu "fällt mir kein Grund ein", sagt die Auskunftsperson.

Die Akteneinsichtsmöglichkeiten entsprechen jahrelanger Übung, die Rechtssprechung sei entsprechend. Er meine, dass es angebracht wäre, die Staatsanwälte einfach zu fragen, warum sie das so machen – umso mehr, als das Vorgehen der Judikatur entspreche. "Diese Fehlersuche, das stört mich", sagt der Jurist, mit Weisungen oder Nachfragen könnte man leben. Dass nun der WKStA seit Freitag eine Verletzung der Dienstpflichten vorgeworfen werde, bedeute, dass man sich mit seiner eigenen Verteidigung beschäftigen müsse.

Ressourcenprobleme

Das verschärfe ein anderes Problem der WKStA: Die Ressourcen seien sehr, sehr angespannt, der Abgang einer Kollegin sei ein Riesenverlust, sie fehle angesichts des riesigen Akts an allen Ecken und Enden. Wie es mit der weiteren Datenauswertung gehe? Man versuche alles möglichst schnell zu machen, es gehe wie bei einem Jongleur, der immer mehr Bälle in der Luft habe. Weil der WKStA immer wieder vorgeworfen werde, Aktenteile an Medien zu spielen, habe es Untersuchungen gegeben, erzählte Purkart: Dabei sei aber nichts herausgekommen.

Bezüglich der aktuellen Ermittlungen gab sich Purkart bedeckt: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kooperiere jedenfalls, es gebe auch keine Indizien, dass auf dessen Laptop Inhalte gelöscht worden seien.

Vor dem Staatsanwalt war ein Vertreter der polizeilichen Ermittlungsseite geladen: Andreas Holzer, der frühere Leiter der Soko Tape und heutige Chef des Bundeskriminalamts. Bei seiner Befragung erklärte Holzer, dass er mit Christian Pilnacek, dem damaligen Sektionschef im Justizministerium, regelmäßig strategische Überlegungen zum Ibiza-Komplex besprochen habe. So eine Ermittlung sei sehr komplex, es seien zwei Staatsanwaltschaften involviert gewesen, "das war für uns zu akzeptieren", habe aber immer wieder Fragen aufgeworfen. Um derartige strategische Fragen sei es auch beim Gespräch mit Pilnacek gegangen; wer was ausgewertet etwa.

Geheime Befragung

Heikel wurde die Befragung, als der grüne Mandatar David Stögmüller zu Zusammenhängen zwischen den Kriminalfällen Wirecard und Ibiza fragte. Holzer wollte gern antworten, aber nur in geheimer Sitzung, also unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit. Dafür muss allerdings der Raum gewechselt werden. Am Mittwoch geht es im U-Ausschuss um die Finanz: Geladen sind zwei Beamte. (sefe, fsc, gra, 25.5.2021)