Justizministerin Alma Zadić und Innenminister Karl Nehammer stellten am Dienstag die Pläne zum Maßnahmenvollzug vor.

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Jahrzehntelang ist der Maßnahmenvollzug nahezu unangetastet geblieben. Dabei handelt es sich eigentlich um einen menschenrechtlich sensiblen Bereich: Dort werden in erster Linie psychisch kranke und als gefährlich eingestufte Straftäter auf unbestimmte Zeit inhaftiert.

Jetzt kommt durch eine Reform Bewegung in diesen Bereich. In einem ersten Schritt soll vor allem die Anzahl der Insassen reduziert werden. Das System ist hoffnungslos überlastet. Erreicht werden soll dies in erster Linie durch strafrechtlich höhere Hürden, um überhaupt für den Maßnahmenvollzug infrage zu kommen. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) kündigte zudem an, dass insgesamt 200 zusätzliche Plätze geschaffen und 140 Millionen Euro investiert werden sollen.

Personen mit geringeren Vergehen sollen künftig vom Gesundheitssystem aufgefangen werden. Auf die Frage, ob man diesen Bereich dann massiv ausbauen müsste, sagte Zadić in Ö1: "Es sind mehrere Schritte, die wir gehen müssen. Wir fangen mit der Justiz an."

Strengere Voraussetzungen

Vom "Netzwerk für Kriminalpolitik", dem unter anderem die Richtervereinigung, der Rechtsanwaltskammertag, die Vereinigung der StrafverteidigerInnen, die Opferschutzeinrichtung Weißer Ring sowie die Bewährungshilfe Neustart angehören, kommt für den vorliegenden Gesetzesentwurf Lob wie auch Kritik. Positiv werden die künftig restriktiveren Einweisungsvoraussetzungen gesehen. Diese gehen den Experten sogar, so wie viele andere Vorhaben, nicht weit genug: Vergehen, also Straftaten, die mit weniger als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, sollten generell nicht als Einweisungsvoraussetzung gelten. Die Regierung ließ auch für Strafen ab einem Jahr eine Lücke, sofern eine "besondere Gefährlichkeit" des Täters vorliegt.

Ebenso gefordert wird eine Überprüfung der bereits jetzt Inhaftierten, die laut den künftigen Regelungen nicht eingewiesen worden wären. In diesem Punkt gibt es für die Insassen jedoch wenig Hoffnung: Zadić betonte, dass die Vorhaben lediglich für die Zukunft gelten. Auf das erste Reformpaket soll bald ein zweites folgen, das sich dem Vollzug an sich widmet. Dieses solle jedenfalls die Umsetzung des Abstandsgebots der psychisch Kranken zu anderen Häftlingen beinhalten, fordern die Experten. Ebenso: verbindliche QualitätsStandards für die Prognosebegutachtungen.

Deplatzierte Gutachter

Deutliche Kritik wird jedoch an der geplanten Öffnung des Maßnahmenvollzugs für verurteilte Terroristen geäußert. Diese sollen künftig zwar nicht auf unbestimmte Zeit wie psychisch Kranke, aber zumindest für zehn Jahre nach Strafverbüßung weggesperrt werden können. In den letzten elf Jahren gab es lediglich drei Unterbringungen in dem Bereich: "Die Maßnahme hat sich in der Praxis nicht bewährt", schreibt das Netzwerk. Laut dem Entwurf ist außerdem vorgesehen, dass im Zuge des Unterbringungsverfahrens für Terroristen ein Psychiater beizuziehen ist. Eine fehlgeleitete Idee, meint das Netzwerk: "Die Psychiatrie hat erfreulicherweise in den letzten Jahrzehnten ein (...) Selbstverständnis entwickelt, demzufolge sie sich nicht für verschiedene Formen abweichenden Verhaltens, sondern lediglich für psychische Krankheiten zuständig sieht." Sollte es zur Umsetzung dieser Pläne kommen, sei zu befürchten, dass "nur solche Psychiater als Sachverständige zur Verfügung stehen, deren Professionalität ernsthaft zu hinterfragen wäre."

Gemeinsam mit dem Entwurf zum Maßnahmenvollzug ging am Mittwoch auch die Vorlage für das bereits angekündigte "Terroristenregister" in Begutachtung. Verurteilte Terroristen sollen dabei lebenslang im Strafregister besonders gekennzeichnet werden. (Vanessa Gaigg, 26.5.2021)