Die US-Staatsanwaltschaft wirft Ex-Meinl-Bankern vor, im Odebrecht-Skandal Geld gewaschen zu haben.

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Die Festnahme Peter Weinzierls am Dienstag in Großbritannien kam wohl für alle überraschend. Die US-Staatsanwaltschaft hat den früheren Chef der Meinl Bank (später: Anglo Austrian Bank AAB; sie ist nach dem Entzug ihrer Lizenz pleitegegangen) festnehmen lassen, sie wirft ihm Beihilfe zu Geldwäscherei und Bestechung im Rahmen des Odebrecht-Skandals (siehe Infobox) vor.

Der brasilianische Konzern und seine Eigentümergesellschaft Braskem SA, größtes Petrochemieunternehmen des südamerikanischen Landes, hatte 2016 zugegeben, jahrelang Beamte mit hunderten Millionen Dollar bestochen zu haben. Der Konzern zahlte 3,5 Milliarden Dollar an Aufsichtsbehörden und nannte sich in Novonor um. Ein New Yorker Staatsanwalt wirft Weinzierl und Ex-Kollegen W. vor, zwischen 2006 und 2016 mit Odebrecht gemeinsame Sache gemacht zu haben. W. ist auf freiem Fuß.

Die Bank in Antigua

Die Geschäfte sollen über Wiener Meinl Bank und Meinl Bank Antigua gelaufen sein; Weinzierl und W. waren im Vorstand der Antigua-Bank gesessen. Laut US-Staatsanwaltschaft sollen die Beschuldigten und ihre Komplizen (ihre Namen werden im Indictment, also der Anklageschrift, nicht genannt) mittels betrügerischer Transaktionen und Scheinverträge rund 170 Millionen Dollar (139 Millionen Euro) von New Yorker Bankkonten über die Bank auf von Odebrecht kontrollierte Offshore-Konten weiterüberwiesen haben.

Weinzierl, mit dem sich auch die österreichische Justiz seit Jahren beschäftigt, hat die Vorwürfe immer zurückgewiesen. Für ihn und W., der nicht zu erreichen war, gilt die Unschuldsvermutung. Das Geld soll dann an Regierungsbeamte und hohe Manager in staatlichen Ölkonzernen in Brasilien, Mexiko und Panama geflossen sein, im Gegenzug für Aufträge an Odebrecht.

Die Meinl Bank Antigua gehörte einst der Wiener Meinl Bank rund um Julius Meinl V. Er saß bis 2008 im Vorstand der Meinl Bank, zog sich dann in den Aufsichtsrat zurück, den er 2019 verließ. Damals waren die Probleme der Meinl Bank mit der Aufsichtsbehörde FMA bereits mehr als hochgekocht, es drohte der Entzug der Banklizenz. Aber dazu später.

Back-to-back-Geschäfte

Ungefähr 2010, so datiert es die US-Staatsanwaltschaft, hat die Meinl Bank die Antigua-Gesellschaft an Odebrecht verkauft bzw. an deren Division of Structured Operations, DSO, die vereinfacht gesagt die schwarze Kasse für Bestechungsgelder gewesen sein soll. Tatsächlich wurde die Meinl Bank Antigua im Mai 2011 zu 51 Prozent verkauft, laut Europäischer Zentralbank (EZB) hielten die Wiener aber bis Oktober 2015 die Sperrminorität (33 Prozent), waren durch zwei Direktoren im Vorstand vertreten und via Syndikatsvertrag "effektiv an der Kontrolle beteiligt". Die Antigua-Bank hat zudem die Meinl Bank in Wien als Korrespondenzbank genützt; das heißt dass sie die Transaktionen durchgeführt hat.

Gemäß dem STANDARD vorliegenden Unterlagen betrug das Volumen der "Back-to-back-Geschäfte" (das sind umstrittene Finanzierungen) der Meinl Bank mit Offshore-Empfängern, ukrainischen oder russischen Banken und Odebrecht zwischen Mai 2010 und Mai 2015 in Summe 3,3 Milliarden Euro.

Die USA wollen die Auslieferung von Peter Weinzierl.
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In die Deals, die Weinzierl und W. vorgeworfen werden, waren laut US-Justiz zudem eine portugiesische, vier Schweizer, eine liechtensteinische und drei New Yorker Banken involviert, jede Menge Briefkastenfirmen, Mitverschwörer und Offshore-Firmen. Allein deren Aufzählung und Kurzbeschreibung nimmt in der Anklageschrift fünf A4-Seiten ein.

An einen hohen Vertreter von Petroleus Mexicanos, einem staatlichen Öl- und Gaskonzern aus Mexiko-Stadt, sollen zwischen Ende 2013 und Anfang 2014 etwa rund fünf Mio. Dollar über eine Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln geflossen sein. Rund drei Mio. Dollar gingen laut Anklage 2011 via Panama an einen Vertreter von Petrobras, den halbstaatlichen Ölkonzern mit Sitz in Rio de Janeiro.

Ermittlungen in Österreich

Freilich wird auch seit langem in Österreich ermittelt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht seit 2017 rund um Meinl Bank und Odebrecht-Transaktionen dem Verdacht auf Geldwäscherei und Bestechung nach; die FMA hatte Anzeige erstattet. Ermittelt wird rund um Geschäfte mit der Ukraine. Im Verfahren zum Anlegerskandal Meinl European Land (MEL) vor 14 Jahren ist die Staatsanwaltschaft Wien am Werk, sie hat voriges Jahr einen Gutachter bestellt.

Mit der Bankenaufsicht lagen Weinzierl und die Bank jahrelang im Clinch. Es ging u. a. um den Vorwurf, die Bank verstoße gegen Vorschriften zur Geldwäscheprävention. Nach Vor-Ort-Prüfungen (2010, 2013, 2015, 2018) stellte die FMA schwere Mängel fest. Die Aufseher in der EZB teilten diese Ansicht und entzogen dem Institut im November 2019 die Lizenz. Weinzierl, gegen den die FMA ein Geschäftsleiterabsetzungsverfahren führte, hatte bereits 2015 den Hut genommen.

Er lebte zuletzt in Russland und vor allem in Großbritannien, von wo aus er u. a. das Projekt Julius Meinl Living mitbetreute. Da geht es um die Errichtung von Hotels ebenso wie von betreuten, servicierten Residenzen in Europa für betuchte Kunden. Finanziert werden soll das über eine Anleihe einer Luxemburg-Tochter in der Höhe von 300 Mio. Euro, wie zuletzt bekannt wurde.

ORF

Georg Krakow, Ex-Staatsanwalt und Experte von Transparency International, sagte am Mittwochabend in der "ZiB2", dass Ermittlungen gegen Geldwäsche deshalb schwierig seien, weil sich derartige Delikte über mehrere Länder verteilen. Die Strafverfolgungsbehörden agieren anfangs aber getrennt voneinander und täten sich deshalb schwer, das gesamte Bild zu betrachten. Komplexe Fälle kosten auch viel Mühe und Aufwand.

Justizministerium: In Auslieferungsverfahren nicht involviert

Das österreichische Justizministerium gab am Mittwochabend auf APA-Anfrage bekannt, in Weinzierls Auslieferungsverfahren zwischen Großbritannien und den USA nicht involviert zu sein.

Großbritannien sei kein EU-Mitgliedstaat mehr, daher gelte die EuGH-Rechtssprechung über eine Information des Heimatsstaats nicht. Großbritannien muss Österreich also nicht informieren, um ihm die Möglichkeit zu geben, gegen Weinzierl einen Europäischen Haftbefehl auszustellen und nach Österreich ausliefern zu lassen, falls er wegen des Verdachts auf im Ausland begangene Delikte hier verfolgt werden könne.

Für die konsularische Betreuung eines österreichischen Staatsbürgers in ausländischer Haft sei das Außenministerium zuständig, so das Justizministerium. (Renate Graber, Bettina Pfluger, Aloysius Widmann, 26.5.2021)