Seit Jahren mangelt es bei den Therapieangeboten für Kinder in Tirol an Geld. Nun will man den Bereich neu organisieren und alle bisherigen Zentren schließen. Bis zum Herbst soll der neue Plan stehen.

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Innsbruck – Für die Betroffenen war es eine Hiobsbotschaft. Am 19. Mai berichtete die Tiroler Tageszeitung, dass mit Jahresende die Kindertherapiezentren des Vereins Eule, der in allen acht Tiroler Bezirken aktiv ist, sowie For Kids der Diakonie in Kitzbühel geschlossen werden. Insgesamt betreuen diese Einrichtungen mehr als 1.300 Kinder in ganz Tirol. Die Nachricht von der Schließung wurde zu früh und ohne Abstimmung mit dem Land veröffentlicht, denn eigentlich werde im Hintergrund an einer Umstrukturierung des Bereichs gearbeitet, erklärt die zuständige Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne).

Grund für die Neuaufstellung der Kindertherapie-Angebote in Tirol ist ein Konflikt um die Kosten, für die Land und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) aufkommen. Träger des gemeinnützigen Vereins Eule ist die Lebenshilfe Tirol – der Verein, nicht die GmbH. Die Lebenshilfe, sagt Landesrätin Fischer, sei an das Land herangetreten und habe erklärt, dass man diese Therapien nicht mehr anbieten wolle. Daher sei die Darstellung, das Land wolle die Zentren schließen, falsch.

Schwieriges Verhältnis

Das Verhältnis zwischen Land Tirol und Lebenshilfe ist belastet. Gerade im Zusammenhang mit den Eule-Therapiezentren gab es immer wieder Konflikte. Vor rund zehn Jahren prüfte der Landesrechnungshof die Einrichtung und stellte mehrere Mängel fest. Und er hielt schon damals fest, dass die Kosten ein zentraler Streitpunkt seien. Einerseits, was die Abrechnung angehe, aber andererseits auch die Aufteilung zwischen Land und ÖGK. Denn für Leistungen, die Kinder mit Behinderung betreffen, ist das Land zuständig, für medizinische Reha-Leistungen wiederum die ÖGK. Gerade bei Kindern mit diversen Defiziten sei die genaue Abgrenzung hier aber schwierig.

Aufseiten der Lebenshilfe als Träger der Eule wird chronischer Geldmangel als Grund für das Ende genannt. Aufseiten des Landes verweist man auf den Wunsch des Trägers, sich aus dem Bereich zurückziehen zu wollen, und auf finanzielle Unstimmigkeiten. Die Lösung soll nun eine Verlagerung hin zu niedergelassenen Therapeuten bringen. Landesrätin Fischer garantiert, dass alle Therapeutinnen der Eule selbstständig weiterarbeiten und ihre Leistungen künftig direkt mit dem Land verrechnen können.

Zweifel an dezentralen Strukturen

Bei der ebenfalls betroffenen Diakonie will man jedenfalls mithelfen, diesen Umstrukturierungsprozess bestmöglich im Sinne der Kinder und Familien abzuwickeln. Ob ein Abwenden von Zentrumsstrukturen und ein Hinwenden zu freiberuflichen Therapeuten der richtige Weg ist, bezweifelt Michael König, Geschäftsführer des Diakoniewerks Tirol. Allerdings: "Wir betreiben in ganz Österreich solche Zentren, und es funktioniert in anderen Bundesländern sehr gut." Vor allem Stabilität sei für die Kinder wichtig. Wenn man sich bei den Therapieangeboten aber nur noch auf freiberufliche Therapeutinnen verlässt, laufe man Gefahr, diese Stabilität zu verlieren, merkt König an: "Wenn sich eine Logopädin entscheidet, sich neu orientieren zu wollen, ist es für eine Familie nicht einfach, schnell Ersatz zu finden. Ein Zentrum mit festangestellten Therapeutinnen bietet dahingehend mehr Sicherheit."

Die Diakonie betrieb seit fünf Jahren das For Kids in Kitzbühel – mit demselben Therapieangebot für Kinder wie die Eule. "Wir haben schon im ersten Jahr bemerkt, dass wir diese Angebote nicht zu diesen finanziellen Bedingungen bereitstellen können", sagt König. Jahr für Jahr habe man dieselbe Rückmeldung an Land und ÖGK gegeben: "Das geht sich nicht aus." Nachdem der Vertrag des For Kids mit Ende des Jahres 2021 ausläuft, hat man sich bei der Diakonie dazu entschieden, ihn nicht zu verlängern.

Land sichert allen Hilfe zu

Aufseiten des Landes verspricht Fischer allen betroffenen Familien, dass man die passenden Lösungen für sie finden werde. Dazu werde jeder Fall einzeln bewertet, und die Fachabteilung kontaktiere die Familien direkt mit Lösungsvorschlägen. Eine externe Prozessbegleitung soll den Übergang hin zu dezentralen Strukturen begleiten. Die Gespräche mit den Einrichtungen werden Anfang Juni beginnen. "Mir ist wichtig, dass Familien und Mitarbeiterinnen nicht weiter verunsichert werden", betont Fischer.

Allerdings ist offenbar unklar, wie man den Bereich langfristig organisieren will, merkt König an: "Im Moment wissen wir nicht, was das Zukunftskonzept ist." Und zwischen Lebenshilfe und ihrer Tochter Eule scheint die Kommunikation nicht sonderlich gut zu funktionieren. Die Mitarbeiterinnen der Therapiezentren sind verunsichert, wie eine Vertreterin gegenüber dem STANDARD erklärt. Man erhalte vom Trägerverein kaum Informationen. So habe man von der Schließung aus der Zeitung erfahren, bis heute wurde man nicht offiziell darüber informiert.

Landesrätin Fischer sichert allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Familien zu, dass man bis zum Herbst eine Lösung finden werde. (Steffen Arora, 26.5.2021)