Europaweit werden Windparks ausgebaut und Solarflächen installiert, um den Strombedarf zunehmend aus erneuerbaren Quellen decken zu können. Auch die Ökostrom AG will die Energiewende vorantreiben und hat zu diesem Zweck bei Aktionären um zusätzliches Kapital angeklopft.

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Die heimische Ökostrom AG will die Energiewende beschleunigen und die Kundenbasis deutlich verbreitern. 4,1 Millionen Euro, die über eine aktuelle Kapitalerhöhung hereinkommen, sind für das Repowering von mittlerweile 18 Jahre alten Anlagen auf der Parndorfer Platte im Burgenland sowie für neue Projekte bei Wind und Photovoltaik (PV) vorgesehen.

"Wenn wir alles, was wir in der Pipeline haben, abarbeiten wollen, werden wir eine weitere Kapitalerhöhung brauchen. Geht alles gut, wird das bald schon nötig sein," sagte der Vorstandssprecher der Ökostrom AG, Ulrich Streibl, im Gespräch mit dem STANDARD.

Streibl, ein gebürtiger Bayer mit reichlich Erfahrung im Energiebereich aufgrund diverser Funktionen im In- und Ausland, ist erst im vergangenen September zur Ökostrom AG gestoßen. Das Unternehmen selbst ist 1999 aus der Umweltschutz- und Anti-Atom-Bewegung hervorgegangen.

100.000 Kunden bis 2025

Seit Anfang Mai ist auch der Vorstandsposten Vertrieb und Marketing wieder besetzt. Hildegard Aichberger, langjährige Geschäftsführerin von WWF Österreich und zuletzt in der Geschäftsleitung der Caritas tätig, hat René Huber abgelöst, der die Ökostrom AG Ende September 2020 verlassen hat.

"Wir investieren in Wachstum und wollen unseren Kundenstock bis 2025 von derzeit 80.000 auf rund 100.000 aufstocken," sagte Aichberger. Speziell junge Menschen sowie Kleingewerbetreibende wolle man ansprechen – eine Zielgruppe, von der man glaube, dass sie einen Schritt in Richtung Klimafreundlichkeit gehen will.

Bestandsaktionäre schlugen zu

Das Interesse der rund 2.000 Altaktionäre an der Kapitalerhöhung, die wie 2017 in Kooperation mit der Crowdinvestment-Plattform Conda durchgeführt wurde, sei enorm gewesen, sagte Streibl. Obwohl die Zeichnungsfrist für die Aktien zum Ausgabepreis von 21,50 Euro je Stück bis 30. Juli angesetzt ist, haben sich die Bestandsaktionäre alle angebotenen Aktien bereits gesichert. Neuaktionäre müssen sich wohl bis zur nächsten Gelegenheit gedulden.

Kritisieren Wirtschaftskammer und Politik: Ulrich Streibl, Vorstandssprecher der Ökostrom AG, und Hildegard Aichberger, die seit Anfang Mai im Vorstand für Vertrieb und Marketing zuständig ist.
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Rund ein Drittel des Stroms, der an Kunden verkauft wird, produziert die Ökostrom AG selbst. Ein weiteres Drittel wird von Ökostrom-Partnern in Österreich zugekauft, der Rest kommt über die Handelsschiene, um auch in Zeiten, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, lieferfähig zu sein, wie Streibl sagte.

Sieben neue Windräder, die 14 alte Anlagen auf der Parndorfer Platte ersetzen sollen, hat die Ökostrom AG bereits im Februar beim Hersteller Vestas bestellt. Mit jeweils 4,2 Megawatt (MW) haben sie eine deutlich höhere Leistung als die alten, die es auf 1,5 MW brachten. 2022 soll mit dem Bau begonnen werden, die Anlagen sollen dann im Laufe des Jahres 2023 ans Netz gehen.

Energiewende als Jobmaschine

Unverständnis zeigt der Ökostrom-Chef für die Haltung der Wirtschaftskammer in Sachen Pariser Klimaziele, die sie nicht mittragen will. Streibl: "Das irritiert mich sehr, zumal die Regierung dem ja auch zugestimmt hat." Die Kritik der Kammer zum Klimaschutzgesetz, dass dieses überambitioniert ist, empfindet der Ökostrom-Chef als "nachgerade peinlich".

Wenig Verständnis hat Streibl auch dafür, dass das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz noch immer nicht im Parlament beschlossen ist. Dabei sei das Hinausdrängen von CO2 aus allen Wirtschaftsbereichen "ein gewaltiges Wachstums- und Investitionsprojekt, das zehntausende Arbeitsplätze schaffe. "So etwas zu verzögern, halte ich für wenig verantwortungsvoll", sagte Streibl. (Günther Strobl, 27.5.2021)