Wieder einmal eine iranische Präsidentenwahl mit Überraschung – nur dass sie nicht am Wahltag, sondern schon vorher stattfindet. Der Wächterrat hat entschieden, alles, was nach jetzigem Stand den Sieg des reaktionären Justizchefs Ebrahim Raisi stören könnte, aus dem Weg zu räumen und den mutmaßlich stärksten Herausforderer, Ali Larijani, von der Kandidatenliste zu streichen. Der Exparlamentspräsident kommt nicht etwa aus dem Reformeck, sondern ist ein Konservativer mit pragmatischen Ansätzen.

Präsident Hassan Rohani muckt zu Ende seiner Amtszeit noch einmal auf.
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Präsident Hassan Rohani muckt zu Ende seiner Amtszeit noch einmal auf und beschwert sich brieflich über den Ausschluss so vieler Kandidaten – unter anderen seines eigenen Vizepräsidenten, Eshagh Jahangiri – bei Religionsführer Ali Khamenei: als ob der Wächterrat etwas beschließen würde, was diesem zuwiderläuft. Die Motivationslage ist, wie so oft, opak. Wird sich Khamenei als Mann des innenpolitischen Ausgleichs präsentieren und Rohani gnädig erhören; hat er wirklich Bedenken, dass Larijani Raisi schlecht aussehen ließe; will er Raisi unbedingt als Präsidenten, weil gegen den auch die mächtigen Revolutionsgarden nichts einwenden können?

Wer meint, dass es von wenig Belang sei, wer Präsident Irans wird, irrt diesmal mehr als sonst: Es geht zunehmend um Khameneis Nachfolge selbst, etwas von potenziell geopolitischer Bedeutung. Auch dafür ist Raisi gesetzt. Die normalen Iraner und Iranerinnen – viele werden wohl den Urnen fernbleiben – spielen in diesem Spiel um die wahre Macht und die Zukunft der Islamischen Republik keine Rolle. (Gudrun Harrer, 26.5.2021)