Dieser Stoff weckt Erinnerungen. Wer Frottee sagt, denkt an Handtuch oder Bademantel. An vertrödelte Fernsehabende, an Saunabesuche, an ausgedehnte Wellnesswochenenden. Um es in den Worten der Generation Z zu sagen: Frottee ist stoffgewordene Selfcare. Dass dieses Material wärmt und guttut, ist allerdings nichts Neues. Udo Jürgens gab seine Zugaben seit 1969 in den Bademänteln "Feeling" und "Weekend" des österreichischen Herstellers Vossen, Julia Roberts machte in "Pretty Woman" vor, dass Bademantel und Handtuch gemeinsam als eigenständiges Outfit funktionieren – bis in den Hotels das Frottee durch Waffelpiqué ersetzt wurde.

Wer heute was für sein Wohlbefinden tun will, muss sich allerdings weder ein Handtuch umwickeln noch einen Bademantel überwerfen. Es geht auch weniger nostalgisch. Denn derzeit gibt es kaum ein Kleidungsstück, das nicht aus jenem kuscheligen wie saugstarken Material gefertigt wird: Bikinis, T-Shirts, Unterwäsche gibt es jetzt alles in Frottee. Das Unternehmen Vossen zum Beispiel hat mit dem Brillenlabel Andy Wolf eine kleine Kollektion herausgebracht, die schwedische Marke Acne dem Handtuchstoff sogar seine Herbstkollektion gewidmet.

Frottee-Mode von Andy Wolf und Vossen
Foto: Andy Wolf & Vossen
T-Shirts von Arket.
Foto: Arket

Warum sich Frauen wie Kim Kardashian oder Hailey Bieber dem Frottee verschrieben haben? Vielleicht hat die Pandemie sie im Lockdown auf den Geschmack gebracht. Wer von der Jogginghose genug hat, geht nun mit jenem nostalgischen Material auf Tuchfühlung, das in den Siebzigern auftauchte und in den Neunzigern auf der Loveparade als ironisches Zitat wiederkehrte.

Frottee strahlt Verlässlichkeit und Wärme aus, auf Instagram-Bildern kommt die Oberfläche des flauschigen Materials besonders gut zur Geltung. Die Botschaft, die die kleinen Bikinis, Fischerhüte und Shirts dort in die Welt hinaustragen: Alles wird gut, ganz bestimmt. Das wollen wir doch glauben, oder? (Anne Feldkamp, 27.5.2021)