Der Begriff "Schauprozess" stammt aus den 1930er-Jahren, als das Regime Stalins in der Sowjetunion hunderte politische Gegner – überwiegend "alte Bolschewiken" – in sogenannten Schauprozessen vorführte. Die Angeklagten wussten, dass ihnen "neun Gramm" (das Gewicht einer Pistolenkugel) ins Genick sicher waren. Sie gestanden trotzdem die absurdesten Verschwörungen gegen Stalin, die Sowjetunion, den "Sozialismus", die internationale Völkerverständigung, bezeichneten sich selbst als Spione und Saboteure.

Alexander Lukaschenko, Präsident der autoritär regierten Republik Belarus.
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Sie waren natürlich gefoltert worden, nach willkürlicher Verhaftung, man hatte gedroht, ihre Familie ins Lager zu schicken (was auch oft genug geschah). Sie bezichtigten sich selbst, unterwarfen sich dem großen Führer, aber sie wurden trotzdem umgebracht.

Die Videos, in denen zwei junge Leute, die in Opposition zum stalinistischen Regime des Diktators Lukaschenko stehen und aus einem Flugzeug gekidnappt wurden, erinnern an diese Schauprozesse. Man hat sie offensichtlich misshandelt, vielleicht unter Drogen gesetzt, sie haben Absurdes gestanden, ihr Schicksal ist höchst prekär.

Der Stalinismus lebt in Belarus, und er wird unterstützt vom autoritären Regime im benachbarten Russland, wo politische Gegner nach einem missglückten Mordanschlag auch wieder im Lager landen. Das ist kein angenehmer Gedanke, aber einer, an den sich die EU und der gesamte Westen werden gewöhnen müssen. (Hans Rauscher, 27.5.2021)