Klaus Müller-Beck (li.) und Christian Taubenheim in "Alte Meister" am Landestheater Linz.

Petra Moser

Wien – Wann sieht man am Theater heute noch alte weiße Männer? Hin und wieder schon. Eine sichere Bank dafür ist Thomas Bernhard, der einigen von ihnen die schönsten Tiraden geschrieben hat (alten weißen Frauen aber auch). 100 Prozent beträgt die Quote im Roman Alte Meister, der am Landestheater Linz in einer eigenen Bühnenfassung Premiere hatte.

Bernhard hat das Genre des Künstlerromans mehrfach bedient und als Fläche für seine exzesshaften Scheltreden benützt. Hier sind es der verwitwete Musikphilosoph Reger und sein schreibblockierter intellektueller Gefährte Atzbacher, die im Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) Gespräche über Geistesgrößen und die mit ihnen einhergehenden Enttäuschungen führen. Die Gespräche werden im Roman von Atzbacher nacherzählt.

Wer nun dachte, es gäbe etwas anderes als die KHM-Sitzbank aus dem Bordone-Saal zu sehen, wurde in Stephan Suschkes Inszenierung enttäuscht. Mittig auf der Kammerspielbühne thront das schöne Möbel und dreht sich hin und wieder, umspielt von sanften Lichtstrahlen, in einem Quader aus transparenten Wänden, auf die Texte projiziert werden (Bühne: Momme Röhrbein).

Zwei Herren im Tweed

Alles Übrige verläuft erwartungsgemäß: Zwei Herren im feinen Tweed (Klaus Müller-Beck, Christian Taubenheim) und mit honorigen Gesten heben zu nobel artikulierten Abgesängen an, wobei sie sich – aus der Rolle heraustretend – die Erzählebene vorne an der Rampe am Mikrofon teilen. Abgesänge auf Österreich, auf den österreichischen Kunstverstand, auf Künstler wie Adalbert Stifter oder Anton Bruckner (für ein oberösterreichisches Publikum extra ausgekostet) und auf sogenannte Großwerke der Kunst natürlich auch.

Der Museumswärter Irrsigler (Joachim Wernhart) ist hier eine stumme Rolle, die auf der Bühne wortlos und schlurfend herumgeistert und den Kunstherren einzig zum Distinktionsgewinn gereicht. Darin liegt auch ein mögliches Missverständnis der Inszenierung angelegt: Die Reden von Reger und dem sie widerspiegelnden Atzbacher kommen so gemäßigt über die Rampe, dass man der Überzeichnungskunst Bernhards kaum gewahr werden kann.

Suschke hatte keine Kunstfiguren im Sinn, sondern er schuf real existierende Bildungsgroßbürger, die hin und wieder die Bordone-Sitzbank erklimmen, um von ihr herab auf die Staatskunst zu wettern. Diese ungebrochen professorale Identifikation haust die Figuren ein und verengt so auch den Text, auf den man wie auf ein Altherrenbildnis blickt. (Margarete Affenzeller, 27.5.2021)