Youtuber, Blogger und Influencer aus Deutschland und Frankreich berichten von dubiosen Anfragen einer PR-Agentur mit vermeintlichem Sitz in London. Im Zuge einer "Informationskampagne" wurden die angefragten Internetpersönlichkeiten dazu aufgefordert, die Falschmeldung zu verbreiten, dass der Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer für hunderte Todesfälle verantwortlich sei.

Die Agentur namens Fazze gibt auf ihrer Webseite an, ihren Sitz in London zu haben. An der angegebenen Adresse scheint die "Marketingplattform für Influencer" jedoch nicht gemeldet zu sein, wie "The Guardian" berichtet. Das Unternehmen pflegt jedoch offenbar Verbindungen nach Russland.

Wissenschaftsexperten im Visier

Mit ihrem Angebot ist die Marketing-Agentur an namhafte Youtuber herangetreten, die Gesundheits- und Wissenschaftsinhalte produzieren. In einer E-Mail wurde gebeten, dass die Videoblogger "erklären, dass die Todesrate unter mit Pfizer Geimpften fast dreimal so hoch sei wie bei jenen, die mit Astra Zeneca geimpft wurden".

Das Englisch, in dem die Anfrage verfasst wurde, ist dabei auffällig schlecht. Der deutsche Wissenschafts-Youtuber Mirko Drotschmann machte auf Twitter auf das Angebot aufmerksam. Aus einem Screenshot der E-Mail geht hervor, dass die Agentur Statistiken zum Alter der Abonnenten Drotschmanns sowie einen Preisvorschlag anforderte.

Getarnte Werbung

Die Influencer wurden in dem Angebot dazu angehalten, Worte wie "Werbung" und "Sponsoren" zu vermeiden und die Kampagne stattdessen als ihre eigene Meinung darzustellen. Der französische Wissenschafts-Youtuber Léo Grasset teilte Bildschirmfotos der E-Mail auf Twitter. In dieser hieß es auch, dass in den Beiträgen die Frage gestellt werden solle, "warum manche Regierungen aktiv Pfizer einkaufen, obwohl es für die Gesundheit der Menschen gefährlich ist." Auch wird von den Bloggern verlangt, dass sie die Zuschauer davor warnen, dass "die Mainstream-Medien das Thema meiden". Grasset erzählte, dass das Budget der Kampagne "gewaltig" sei und die Agentur ihren Auftraggeber nicht preisgeben wollte.

Die Behauptungen stützen sich dabei auf angeblich geleakte Dokumente zur Biontech/Pfizer-Impfung. Die verlinkten Seiten führten dabei zu einem "Le Monde"-Artikel, zu Reddit und zur Webseite Ethical Hacker. Fazze propagierte, dass dort Berichte mit durchgesickerten Daten zu finden seien, die die Behauptungen der Agentur begründen sollen.

Wie "The Guardian" berichtet, handelt es sich beim Artikel von "Le Monde" um einen Bericht über gestohlene Daten der EMA, die von mutmaßlichen Hackern aus Russland entwendet wurden. Diese landeten daraufhin im Darkweb und enthalten keine Informationen über Sterberaten nach einer Covid-19-Impfung.

Kritik aus der EU

Die Leitung der Agentur Fazze stammt ihrem Linkedin-Profil zufolge aus Moskau und arbeitete zuvor für eine Firma, die von einem russischen Unternehmer gegründet wurde. Vergangenen Monat hat eine EU-Studie russische und chinesische Medien der "staatlich geförderten Desinformation" beschuldigt. Diese ziele darauf ab, Misstrauen in Impfstoffe aus dem Westen zu säen, indem "unbegründete Verbindungen zwischen Impfungen und Todesfällen in Europa" verbreitet werden.

Wie der SWR berichtet, seien bereits Sicherheitsbehörden eingeschalten worden. Ob die Aufträge wirklich aus Russland stammen, werde zurzeit untersucht, heißt es vonseiten Lutz Güllners, des Leiters der EU-Taskforce gegen Desinformationskampagnen. (hsu, 27.05.2021)