Eine Kerzenvigil für den Schutz der Menschenrechte.

Foto: EPA / Jose Coelho

Seinen Anfang nahm alles mit dem Wort "Freiheit", auch wenn es damals genau zum Gegenteil geführt hat. Ungeachtet der Tatsache, dass dieses Wort, "liberdade", in der Salazar-Diktatur verboten war, stießen 1961 zwei Studenten in Portugal genau damit in einem Lokal an. Das hatte Folgen, sehr dramatische sogar.

Für die Betroffenen bedeutete es jeweils sieben Jahre Haft. Für den britischen Anwalt Peter Benenson war dies der Grund, am 28. Mai 1961, also vor genau 60 Jahren, einen Artikel in der Zeitung "The Observer" zu veröffentlichen, in dem er Fälle politischer Gefangener beschrieb. Die Leser rief er auf, Briefe an die jeweiligen Regierungen zu schicken, um die Freilassung der Häftlinge zu erreichen. Dies war der Startschuss für Amnesty International.

"Hüterin der Menschenrechte"

Sechs Dekaden später gilt die Nichtregierungsorganisation, die 1977 den Friedensnobelpreis erhielt, als Hüterin der Menschenrechte. Mittlerweile hat sie Büros in rund 70 Ländern und laut eigenen Angaben mehr als zehn Millionen Unterstützer in über 150 Staaten. Wo immer es Folter gibt oder politische Gefangene, wo auch immer die Todesstrafe exekutiert wird, ist das gelb-schwarze Logo der NGO nicht weit: eine mit Stacheldraht umwickelte Kerze der Künstlerin Diana Redhouse, die sich durch folgenden Spruch inspirieren ließ: "Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als sich über die Dunkelheit zu beklagen."

Bei allem Positiven müssen auch die wenigen Schattenseiten genannt werden. Natürlich lag Amnesty bei dieser heiklen Arbeit nicht immer richtig. 1990 etwa fiel die NGO auf die Brutkastenlüge herein: Irakische Soldaten sollen in Kuwait Frühgeborene aus den Brutkästen geholt und auf den Boden geworfen haben, wo sie dann gestorben seien. Dies war aber eine Erfindung einer US-amerikanischen PR-Agentur, um den zweiten Golfkrieg zu rechtfertigen.

"Toxisches" Arbeitsklima

Auch intern herrschte nicht immer eitel Wonne. 2019 entließ Generalsekretär Kumi Naidoo fünf der sieben Mitglieder der Generaldirektion. Ein unabhängiger Bericht hatte Amnesty zuvor ein "toxisches" Arbeitsklima vorgeworfen.

Wirft man einen Blick auf aktuelle Schlagzeilen, so ist die NGO derzeit mit dem festgenommenen belarussischen Blogger Roman Protassewitsch beschäftigt, mit Massenfestnahmen in Flüchtlingslagern in Tigray oder dem Schicksal des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.

Geht es nach Agnès Callamard, seit März Generalsekretärin, so ist eines klar: Die Menschenrechte sind so bedroht wie noch nie. Was im Umkehrschluss bedeutet: Amnesty ist wichtiger denn je. (Kim Son Hoang, 28.5.2021)