Die EU-Agrarpolitik umfasst für die Zeit von 2021 bis 2027 ein Volumen von knapp 390 Milliarden Euro.

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Brüssel – Es geht um hunderte Milliarden Euro und um einen der größten Posten im EU-Budget – und es geht um die Zukunft, denn die Landwirtschaft ist einer der großen Klimasünder. Dementsprechend schwierig sind die Verhandlungen über die milliardenschwere EU-Agrarreform. Seit drei Jahren wird darüber diskutiert, wie die Landwirtschaft ergrünen soll, zuletzt sah es sehr nach einer Einigung aus.

Nun konnten sich – anders als erwartet – die Unterhändler des Europaparlaments und die Landwirtschaftsminister der EU-Staaten in der Nacht auf Freitag nicht einigen, wie Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) frühmorgens mitteilte. Sie sieht die Verhandlungen als gescheitert an. Seit Dienstag wird intensiv über die letzten Detailfragen gestritten.

Diskutiert wird derzeit unter anderem noch darüber, welchen Anteil des Budgets künftig sogenannte Ökoregeln – also Umweltauflagen für deren Umsetzung Gelder gezahlt werden – ausmachen sollen. Das Europaparlament will in den Verhandlungen einen deutlich höheren Prozentsatz durchsetzen als die nationalen Regierungen. Insgesamt umfasst die EU-Agrarpolitik für die Zeit von 2021 bis 2027 ein Volumen von 390 Milliarden Euro. Weil sich die Verhandlungen verzögert haben, würde die Reform frühestens 2023 greifen. Für die Zeit ab dann sind bis 2027 noch 270 Milliarden vorgesehen.

Köstinger: Chance nicht genutzt

Köstinger erklärte, es habe kein Verhandlungsmandat im Rat für die – derzeit portugiesische – Präsidentschaft gegeben. "Nach drei Jahren intensiver Verhandlungen an der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sind diese leider an einem sehr entscheidenden Zeitpunkt gescheitert. Die Ratspräsidentschaft hat einen ambitionierten Vorschlag vorgelegt. Leider wurde die Chance nicht genutzt, um an großen Schrauben zu drehen. Das EU-Parlament soll im Juni wieder konstruktiv an den Verhandlungstisch zurückkehren", so die Ministerin.

Österreich habe sich für höhere Umweltambitionen eingesetzt. "In den letzten Tagen hat die EU unnötig Zeit in Detailfragen verloren, anstatt an den großen Schrauben in Richtung Umwelt- und Klimaschutz zu drehen. Die europäischen Bäuerinnen und Bauern brauchen Planungssicherheit", kritisierte Köstinger.

Für EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski dagegen "ist es noch nicht vorbei", wie der Pole am Donnerstag twitterte. Die portugiesische Ratspräsidentschaft hole nun ein neues Verhandlungsmandat bei den Agrarministerinnen und Agrarministern ein. Wojciechowski zeigte sich optimistisch, dass die unterschiedlichen Positionen kein komplettes Verhandlungsaus bedeuten.

Der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz wirft den Mitgliedsstaaten Uneinsichtigkeit vor, sie hätten die Verhandlungen an die Wand gefahren: "Die vom Rat angebotenen Kompromisse strotzten vor Ignoranz und Stillstand", zeigt sich Waitz empört. (rebu, 28.5.2021)